GIDEON FALLS

Jeff Lemire, Andrea Sorrentino, Dave Stewart

Dass Jeff Lemire mit seinem „Black Hammer“-Universum nicht komplett ausgelastet ist, ist zwar nur schwer vorstellbar, aber eine Tatsache. So gibt es mit der „Gideon Falls“-Reihe eine weitere Comicserie vom kanadischen Mastermind.

Hier jedoch geht es nicht um Superhelden mit einem Twist, sondern wir bekommen eine Mystery- und Horrorstory serviert, die durchaus ihr ganz eigenen Qualitäten hat. Ohne eine große Einleitung wird man im ersten Band direkt in die Handlung geworfen, in deren Mittelpunkt die titelgebende schwarze Scheune steht.

Auf nur ein paar Seiten wird hier eine neue urbane Legende erschaffen, deren Horror vielleicht nicht subtil ist, sich aber durchaus auch an einem Lagerfeuer gut machen würde oder als verlorene „Akte X“-Folge durchgehen könnte.

Dabei zeigt sich einmal mehr, was die große Stärke Lemires ist: das „Worldbuilding“. Die in „Gideon Falls“ erschaffene Welt lebt durch ihre Charaktere und deren dunkle Geheimnisse, und wird dadurch ganz von selbst lebendig.

Hervorzuheben ist gerade im zweiten Band die künstlerische Umsetzung, die die turbulente Geschichte nicht einfach nur erzählt, sondern alle Ebenen miteinander verwebt. Man dreht und wendet den Band in den Händen, um jede Perspektive nachvollziehen zu können, und verliert, ähnlich wie die Charaktere, den Boden unter den Füßen.

Das Spiel mit Realität und Wahnsinn, dem Bösen, das unter dem Bett lauert und nur auf seine Chance wartet, wurde schon hundertfach inszeniert. Lemire und Sorrentino gelingt es aber erzählerisch und visuell, eine packende Geschichte zu erzählen, in der Wahnsinn und Wahrheit nur zwei Seiten einer Medaille sind.