Foto

NOCTE OBDUCTA

Irrlicht

Wenn man im Black Metal nicht gerade mal wieder über ideologisch schwer verwirrte Menschen stolpert, kann man in diesem Bereich auch extrem spannende, visionäre Musik entdecken, die sich von stereotypen Genrevorgaben lösen kann. So wie bei der in Mainz gegründeten deutschen Band NOCTE OBDUCTA (auf Deutsch: „unter dem Schleier der Nacht“), die erstaunlicherweise schon seit Ende der Neunziger Jahre unter diesem Namen Platten aufnimmt und sich 2006 vorübergehend aufgelöst hatte, aber seit 2010 wieder aktiv ist. Vertretern des Black Metal grundsätzlich erst mal den Fascho-Stempel aufzudrücken, gehört ja fast schon zum guten Ton, diesbezügliche Vorwürfe bei NOCTE OBDUCTA erwiesen sich in der Vergangenheit aber schnell als haltloser Unfug. Ihr 2001 veröffentlichtes drittes Album hieß amüsanterweise „Schwarzmetall“, was man wohl unter Selbstironie einordnen kann, ansonsten liefert der zwischen Prog, Gothic und Melodic Metal pendelnde „Schwarzmetall“ von NOCTE OBDUCTA einen sehr klischeebefreiten Umgang mit den Erwartungen, die man normalerweise mit diesem Genre verbindet. Neben dem üblichen keifenden Gesang gibt es geradezu avantgardistische Tendenzen, was bei „Irrlicht“ zu ungewöhnlichen stilistischen Brüchen führt, ohne die Homogenität der Songs dabei zu zerstören. Wie schon bei den Black-Metal-Urvätern VENOM merkt man NOCTE OBDUCTA durch ihren ungeschliffenen Sound auch eine gewisse Nähe zu klassischem (Deutsch-)Punk an, was „Irrlicht“ zusätzlich reizvoll macht. Dadurch dürfte die Platte auch nicht nur ein reines Metal-Publikum ansprechen, falls die Band nicht sogar bei engstirnigen Metal-Puristen auf völlige Ablehnung stößt.