Foto

BERLIN LIEGT AM MEER

Irene Moessinger

In den Achtziger Jahren hatte Irene Moessinger die geniale Idee, mit einem unverhofften Erbe ein altes Zirkuszelt zu kaufen und es in die Sandwüste auf dem Potsdamer Platz in Berlin zu stellen, woraus sich das legendäre Tempodrom entwickelte.

1985 zog man in den Berliner Tiergarten um, 1995 musste man dann dem neuen Kanzleramt weichen und erhielt in der Folge einen festen Neubau am Anhalter Bahnhof. Musiker wie Nina Hagen, DIE HAUT, DIE ÄRTZE oder Westbam probierten hier ihre Sachen aus.

Ein Kunstlaboratorium hatte das Licht der Welt erblickt. Legendär ist das „Festival Genialer Dilletanten“ von 1981, bei dem unter anderem DIN-A-TESTBILD, EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN, DIE TÖDLICHE DORIS und SPRUNG AUS DEN WOLKEN auftraten.

Irene Moessinger erzählt nicht nur von diesem Lebensprojekt, sie nimmt einen mit auf einen Streifzug durch ihre Biografie, die zeigt, dass gerade die unvorhersehbaren Wendungen den Zauber des Daseins ausmachen.

Sie erzählt von ihrer Kindheit, in der es sie mit ihrer Mutter in den Fünfzigern nach Andalusien verschlug, in eine Welt mit Nonnen, Toreros und Künstlern. Sie schildert das abrupte Ende dieser Kindheit im strengen Internat Salem, den späteren Ausbruch ins West-Berlin der Siebziger Jahre oder ihre Parallelexistenz als Krankenschwester und als Hausbesetzerin im Rauch-Haus (über das TON STEINE SCHERBEN einen legendären Song schrieben).

Sie beschreibt, wie das Tempodrom zur Keimzelle der Berliner Kultur wurde, für Helmut Kohl allerdings zu nah am Kanzleramt lag, und wie die „Tempodrom-Affäre“ 2004 Berlin erschütterte und sie zu neuen Ufern aufbrechen ließ.

Spannend erzählt mit unvorhersehbaren Brechungen und versehen mit zahlreichen Fotos von Jim Rakete.