Auf dieser CD gibt es Musik von dem rumänischen Geiger Ion Petre Stocian zu hören. Begleitet wird er hier von dreizehn Roma-Musikern der Bukarester Lautari-Szene. Wer die Musik von Gruppen wie FANFARE CIOCÂRLIA mag, den wird auch diese Veröffentlichung interessieren.
Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1966-1977 wurden erst jetzt aus den Archiven ausgegraben und im analogen Originalsound wiederveröffentlicht. Bei den 15 Stücken handelt es sich zumeist um schnelle rhythmische Tänze wie Hora, Briu, Sirba und Oltenita.
So ähnlich ("Hora lui sile") muss es klingen, wenn man den Soundtrack zu dem Film "Der 3. Mann" nicht auf 33 sondern auf 45 abspielt. Interessant ist aber auch der Hintergrund dieser Platte: Stocian wurde 1930 geboren und trat Anfang der 60er Jahre als Geiger auf Hochzeiten und in Restaurants auf.
Solange, bis er einen ihm verdächtig vorkommenden Mann entdeckte, ihn packte und der Polizei übergab. Der Mann war ein lang gesuchter Spion. Als Belohnung fragte ihn dann die Geheimpolizei ob sie ihm ein Haus geben sollen, aber Stocian antwortete: "Ich brauche kein Haus, ich will eine Schallplatte aufnehmen." 1966 wurde ein 4-Track Album veröffentlicht, konnte sich aber nicht durchsetzten, da Stocian in Bukarest keinen großen Namen hatte.
Er ging an die Küste und kehrte erst Mitte der siebziger Jahre, nach dem Tod seiner Frau, nach Bukarest zurück. Er tischte den Machthabern noch einmal seine Geschichte mit dem gefassten Spion auf und diesmal klappte es: 1977 wurde sein erstes und einziges Album veröffentlicht.
Zwar brachte ihm dieses Album zumindest einen festen Platz auf dem hart umkämpften Hochzeitsmarkt ein, aber er hatte immer mit dem Makel des (zweitklassigen) Musikers vom Lande zu kämpfen.
Bis Ende der 80er Jahre spielte Stocian weiter auf Hochzeiten, dann starb er. Wer wilden schrägen Klängen nicht abgeneigt ist und seinen musikalischen Horizont erweitern möchte, sollte ein kleines Berliner Label unterstützen und sich diese CD schnellstmöglich unter den Weihnachtsbaum legen lassen.
(45:03) (07/10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #63 Dezember 2005/Januar 2006 und Kay Werner