Vieles rückt derzeit angesichts des tobenden Krieges in der Ukraine in den Hintergrund, wirkt angesichts der schockierenden Ereignisse plötzlich nichtig und nebensächlich. Dabei haben unzählige Menschen weltweit das große Glück, das sinnlose Wüten von Gewalt und Tod nur aus der Ferne verfolgen zu müssen. Anders SPACE OF VARIATIONS: Die Modern-Metaller aus der zentralukrainischen Stadt Winnyzja bangen aktuell wie viele Millionen Menschen vor Ort um Leben und Zukunft. Die eigene sowie die ihrer Liebsten und Engsten. Ende April wollte die Band bei Shows in Kiew und Charkiw den Release ihres neuen Albums „Imago“ feiern – mittlerweile sind Teile der Städte durch russische Bomben und Raketen in Schutt und Asche gelegt. Und auch der Rezensent fragt sich nun beim Schreiben dieser Zeilen: Wie wichtig ist es im Moment, so energetische Groove-Brocken wie „Ultrabeat“ und „Someone else“ anzupreisen? Wie wichtig ist es, den unterhaltsamen und spektakulären Genre-Mix aus Hardcore, Punk, Core und Metal zu loben? Und ist es vertretbar, einen simpel-geradlinigen, aber wunderbar epischen Track wie „Face to face“ zu Hause in Deutschland auf der Couch abzufeiern, während in der Heimatstadt der Komponisten womöglich gerade Flugalarm ertönt und die Sirenen heulen? Es ist in Ordnung, und es ist wichtig. Weil es Nähe schafft. Und weil es Auseinandersetzung, Betroffenheit, Mitgefühl, aber auch Zuversicht und Hoffnung braucht. Weil Schweigen keine Option ist. Ebenso wie Krieg nie und nirgendwo wieder eine Option sein darf. Diese Songs müssen auf die Bühne. Um gemeinsam den Frieden zu feiern.
© by Fuze - Ausgabe #93 April/Mai 2022 und Dennis Müller
© by Fuze - Ausgabe #93 April/Mai 2022 und Anton Kostudis