HÜHNER, PORNO, SCHLÄGEREI

Sophia Martineck

Heidi von der Alm steht für die Sehnsucht einer heilen Welt, die Idylle in der Natur. Raus aus der Stadt und rein ins Grüne. Dorthin, wo die Welt noch in Ordnung ist. Die Alm ist zwar nicht zwangsläufig ein Dorf, aber doch mit ähnlichen Stereotypen verhaftet.

Ich selber bin in einem Dorf groß geworden und weiß die Vorzüge einer Jugend, die man im Wald verbringt oder auf Fußballplätzen, zu schätzen. Doch auch ich kannte all die Geschichten: ständige Besäufnisse auf Schützenfesten, Schlägereien und Bordellbesuche haben auch hinter der Fassade stattgefunden.

Wenn Martineck von Mord und Totschlag erzählt, von Sodom und Gomorrha und der heilen Welt auf dem Dorf, tut sie das ironisch und distanziert. Inspiration fand die Zeichnerin in der Lokalpresse, die all diese Schicksale sammelt.

Niederböhna, Ort der Handlung, ist nur die Blaupause für all die anderen idyllisch-gemeinen Dorfplätze. Zugegeben, sie arrangiert die Bilder zum Text clever, oftmals karikierend. Das Buch mag der eine als Hommage an das wilde Leben auf dem Dorf verstehen, andere mag es vielleicht erschüttern, dass Heidi nur eine Fiktion ist.

Für mich brachte es nur das Offensichtliche zu Tage: Das Leben ist überall gleich.