Es gibt immer wieder Filmkritiker, die sich zu völlig unhaltbaren Superlativen hinreißen lassen. Und so ist auf dem Cover der DVD und Blu-ray von Ari Asters Spielfilmdebüt „Hereditary“ zu lesen, es würde sich dabei um den „besten Horrorfilm aller Zeiten“ handeln und um den „Höhepunkt des Horrorfilms der letzten 50 Jahre“.
Solche unreflektierten Lobhudeleien sagen viel über den momentanen Zustand des Horrorkinos aus, das seine subversiven Elemente gänzlich eingebüsst hat und nur noch als Untermalung fürs Verspeisen von Popkorn dient.
Von solcher stereotyper Massenware hebt sich „Hereditary“ schon durch sein gemächliches Erzähltempo ab und wirkt lange Zeit wie ein schwermütiges Familiendrama, in dem es um die tiefenpsychologische Bewältigung traumatischer Erlebnisse geht.
Erst im dritten Akt wandelt sich „Hereditary“ immer mehr zu einem typischen Horrorfilm, in dem übernatürliche Kräfte die Oberhand gewinnen. Aster verbeugt sich damit in gewisser Weise vor Horror-Klassikern wie „ The Exorcist“, „The Shining“ oder „Rosemary’s Baby“, inszeniert das Finale von „Hereditary“ aber mit einer erschreckend unsubtilen Holzhammer-Methodik, um so die Kids mit dem Popcorn mit kruden Schockeffekten wieder aus dem Tiefschlaf zu wecken.
Damit verspielt „Hereditary“ viel von seinen anfänglichen Qualitäten, die ihn neben „The Witch“ zu einem der smarteren Vertreter des aktuellen Horrokinos machen. Sehenswert bleibt er dennoch, alleine schon wegen seiner konsequent düsteren Atmosphäre, die durch den bedrohlichen Score des Ausnahme-Jazz-Saxofonisten Colin Stetson noch verstärkt wird.
Exzellent sind auch die Darsteller, allen voran Toni Collette, die als vom Schicksal gebeutelte Mutter mehr oder weniger hilflos mitansehen muss, wie ihre Familie nach dem Tod der Großmutter offenbar langsam in den Wahnsinn abdriftet.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #141 Dezember/Januar 2018 und Thomas Kerpen