Wenn sich einer der führenden Soziologen Deutschlands dem Heavy Metal widmet, was kommt dabei wohl heraus? Tatsächlich ein hervorragendes Buch. Rosa ist nicht nur ein angesehener Wissenschaftler, er ist auch jahrzehntelanger Heavy-Metal-Hörer, dem es in seinem Buch sowohl gelingt, sein profundes Wissen unter Beweis zu stellen, als auch einen mehrfachen Spagat zu vollziehen: Zwischen Fan und Wissenschaftler, subjektiven Erfahrungen und allgemeinen Erkenntnissen, empirischer Soziologie und phänomenologischer Analyse. Der Aufbau ist der eines Konzeptalbums mit neun Kapiteln, eingeschlossen von einem Intro und einem Outro. Röhrende Monster und singende Engel sind dabei in Rosas Analysen immer wieder gegenwärtig, zum Beispiel dort, wo er auf die Rolle von Frauen eingeht. Wer bei Metal an heteronormative Hypermaskulinität denkt, wird eines Besseren belehrt. Wenn auch der wiederholte Rekurs auf die Jugenderinnerungen etwas schablonenhaft anmuten mag, wird schnell klar, dass hierdurch der Einblick in eine Erfahrungsgemeinschaft gegeben wird, der viele Lesende mit ähnlichen Erinnerungen angehören dürften. Die Texte sind dabei facettenreich, stringent argumentiert, geben vielfache Einblicke in die Welt des Metal und räumen zugleich mit so manchen Klischees und Vorurteilen auf. So gelingt es ihm einleuchtend darzustellen, dass rechte Tendenzen ein Randphänomen darstellen, das in der Szene auf deutliche Kritik stößt, und viele Metal-Fans eher einem progressiven, liberalen und zumeist sogar antifaschistischen Spektrum zuzuordnen sind. Besonders gelungen ist nicht zuletzt der Einbezug seiner Resonanz-Theorie.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #171 Dezember 2023/Januar 2024 2023 und Jens Schäfer