Eigentlich muss ich ja nur eine Rezension schreiben, doch wenn es sich um das Album handelt, auf das schon seit Jahren mit feuchten Händen gewartet wird, von dem zehn Exemplare ans Ox geschickt werden, aber nur eins an die Spex, selbst Intro-Leser (also Leute, die alles cool finden, was sie nicht verstehen) jedes Review dazu kritisch beäugen werden und die aktuelle 7" bei Nobistor schon ziemlich schnell ausverkauft war, dann ist das doch etwas ganz anderes.
Ich habe DIE GOLDENEN ZITRONEN ziemlich spät für mich entdeckt, im Gegensatz zu meinen Kollegen erst weit nach ihrer Funpunk-Zeit. Ich habe nicht alle Alben, halte "Diese Kleinigkeit" für das schönste Liebeslied der Welt (Ruhe, van Laak! TOMTE können mal echt kacken gehen.) und "0:30, Gleiches Ambiente" entblößt leider ganz genau mein unabsichtliches Verhalten, welches ich fremden Menschen gegenüber leider viel zu oft an den Tag lege.
Dass Lenin sich auch nur mit Trotzkis Lorbeeren geschmückt hat und beide auch nicht wirklich cool waren, ist jetzt mal relativ gleich, denn darum geht es in dem Titeltrack nicht, der sich anlehnt an einen Text des Revolutionsdichters Majakowski.
Das Album halte ich doch für ziemlich genial, auch wenn man sich wirklich darauf einlassen muss. Die elektronische Monotonie beherrscht die Grundstimmung des Albums. Mit dem teils eher gesprochenen Gesang Schorsch Kameruns hat man teilweise das Gefühl, es handele sich um ein Hörbuch mit musikalischer Untermalung.
Dennoch gibt auch Ausbrüche und sogar "Punk" (ein Raunen geht durch die Menge). Wer bisher immer dachte, DIE GOLDENEN ZITRONEN seien dem Dadaismus verfallen, hat sich dann wohl nicht genau mit den Texten beschäftigt, denn alles ergibt Sinn, dennoch ist genug Interpretationsfreiraum.
Einen Gastauftritt gibt es diesmal von Melissa Logan von den CHICKS ON SPEED, welche zusammen mit der Band THE MONKS covert, was DOC SCHOKO ja auch schon gemacht haben (allerdings einen anderen Song).
Ein tiefgehendes Album, mit dem jeder selber auf seine Weise klar kommen muss, denn ein Rezept wie "langsam reinhören" gibt es nicht. Es ist genau das, was ich von den Zitronen erwarte: Berechnung und Überraschung zugleich und die Ruhe ist nur die Zeit vor dem Explodieren der Bombe.
Solche Platten sollten im Deutsch-, Politik- und Kunstunterricht besprochen werden, nur um zu sehen ob danach noch mehr Mülleimer durchs Fenster fliegen, der Kopf überfordert wird (man kennt halt nur Dürrenmatt) oder Schulterpolster wieder salonfähig werden.
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