Ja, wir beherrschen die deutsche Sprache, und ja, Dilletanten schreibt man in diesem Fall mit Doppel-L, geht es doch um das (West-)Berliner Kreativ-Biotop der frühen Achtziger Jahre, in dem die künstlerische Laufbahn etwa von Blixa Bargeld, Gudrun Gut, Jörg Buttgereit, Wolfgang Müller oder Alexander Hacke „inkubiert“ wurde.
Am 04.09.1981 fand im Berliner Tempodrom das „Festival der Genialen Dilletanten“ statt, unter anderem mit EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN und DIE TÖDLICHE DORIS – Musik, irgendwie aus dem Punk kommend, aber schon wieder zwei Schritte weiter.
Wolfgang Müller porträtierte damals die Szene in seinem gleichnamigen Buch, und 35 Jahre später macht sich der 1976 in Danzig geborene und 1985 nach Kreuzburg zugewanderte Kulturjournalist Jacek Slaski daran, die Protagonisten jener Jahre zu interviewen – in manchen Fällen gerade noch rechtzeitig, wie die hier posthum dokumentierten Gespräche mit Hagen Liebing (DIE ÄRZTE, 1961-2016) und Gerrit Meijer (PVC, 1947-2017) belegen.
Man möchte meinen, die Punk- und Post-Punk-Geschichte sei mittlerweile auserzählt, die relevanten Bücher alle längst erschienen, doch ich muss dieser Annahme widersprechen. Jacek ist es gelungen, vielen damaligen Akteuren ganz grundsätzliche Fragen zu ihrem damaligen (und heutigen) Tun zu stellen – journalistisch und sachlich, ohne kulturwissenschaftliches Geschwurbel drumherum, so dass man sehr interessiert liest, was etwa Diethard Küster über die Verästelungen der linken Subkultur erzählt und den legendären Tunix-Kongress 1978, aus dem unter anderem die taz und die Grünen hervorgingen.
Spannend nicht nur für alte Hasen, sondern gerade für die später Geborenen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #141 Dezember/Januar 2018 und Joachim Hiller