GEGEN DEN STROM

Yoshihiro Tatsumi

Ähnlich wie der im letzten Jahr bei Reprodukt erschienene Comic „Der Winter des Zeichners“ auf leicht nostalgisch gefärbte Art die Entwicklung der spanischen Comic-Szene vor der Diktatur Francos in den Fünfzigern nachzeichnete, geht es in „Gegen den Strom“ um vergleichbare kulturelle Veränderungen nach dem Zweiten Weltkrieg in Japan.

Sicherlich ein noch schwierigeres gesamtgesellschaftliches Klima, denn ähnlich wie in Deutschland waren die Alliierten bemüht, alte Strukturen zu zerschlagen, um Japan zu einem demokratischen Neubeginn zu führen.

Zu dieser Zeit entwickelte sich auch in hohem Tempo die japanische Comiclandschaft, zu deren wichtigsten Protagonisten der 1935 geborene Manga-Künstler Yoshihiro Tatsumi zählt, der in jungen Jahren auf den „Godfather of Manga“ Osamu Tezuka traf, der maßgeblich Anteil an dessen künstlerischem Werdegang hatte.

Denn ähnlich wie Tezuka wollte Tatsumi einen erwachseneren Stil von Comics entwickeln – die er „Gekiga“ taufte –, um sich von den eher kindlichen Mangas abzusetzen. Und zusammen mit einem Kollektiv junger gleichgesinnter Zeichner versuchte er, sich damit auf dem japanischen Comic-Markt durchzusetzen.

Auch wenn die Hauptfigur von „Gegen den Strom“ Hiroshi Katsumi heißt, wird der starke autobiografische Aspekt dieses Mammutwerks dadurch nicht sonderlich verschleiert, das in epischer Breite spannend, informativ und sehr persönlich das Nachkriegs-Japan und die Manga-Geschichte Revue passieren lässt.

Ähnlich empfehlenswert sind auch die beiden ebenfalls bei Carlsen erschienenen Tatsumi-Bände „Geliebter Affe und andere Offenbarungen“ und „Existenzen und andere Abgründe“, bei denen deutlicher wird, wieso dieser als Pionier der ernsthaften Manga-Erzählung gilt.