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MARTIN BISI

Feral Myths

Wer in den Achtzigern musikalisch sozialisiert wurde und seine Nachmittage damit zubrachte, die LP-Rückseiten und Innersleeves zu studieren, der stieß zwangsläufig im Kontext eher avantgardistischer New Yorker Bands/Künstler:innen wie Lydia Lunch, SONIC YOUTH, DIE HAUT oder LIVE SKULL auf den Namen Martin Bisi. Später waren es dann Grenzüberschreiter wie UNSANE, COP SHOOT COP oder ALICE DONUT, bei denen sein Name auftaucht als der Mann vom Studio. Schon 1981, mit zwanzig Jahren, hatte Bisi mit seinem BC Studio die Arbeit hinter dem Mischpult aufgenommen, er macht sie bis heute. Und seit den späten Achtzigern, verstärkt aber wieder in den letzten Jahren, nimmt er auch eigene Musik auf. Über ein Dutzend Mitmusiker:innen hat er auf „Feral Myths“, das im Laufe der letzten Jahre entstanden ist, teils in seinem Studio, teils auf Tour, auch in Europa. Mit „voice and guitar on all; all mixing“ beschreibt Bisi seinen kreativen Input bei den neun Stücken, die sich auf faszinierende Weise einer leichtfertigen Kategorisierung entziehen. Im Grunde ist die Basis „irgendwie“ Musik mit lauten Gitarren und Schlagzeug, grundsätzlich immer noch im Kontext eingangs erwähnter Bands, aber durch die Vielzahl an Beteiligten, durch Streichinstrumente, durch teils opernhafte Gesangspassagen, wird „Feral Myths“ zu einem faszinierenden, komplexen Werk. Das ist eigen und spröde, aber dann doch wieder betörend und packend. Vor allem: es ist auf eigenwillige Weise eingängig. Eine faszinierend bunte Kaleidoskop-Welt, die entdeckt werden will – eine Reise ins Hirn jenes Menschen, der an unglaublich vielen wichtigen Platten beteiligt war.