NO FUTURE?

Fehrenschild/Keller/Pietsch

Über den Slogan, den Kampfruf „No future!“ (Hier: mit Fragezeichen) kann man trefflich philosophieren: So viele Bands, so viele Menschen ihn ausgestoßen haben, so viele Bedeutungen hat er. Und so nihilistisch, dass man für sich selbst keine Zukunft sah, wurde er nicht oft gebraucht, es war wie so oft im Punk ein Kokettieren mit einer provozierenden Aussage.

Wenn punkerseits jemandem kein Zukunft gewünscht wurde, dann war es den „Spießern“ und ihrer Welt, ihren Ideen und Vorstellungen. 36 alte (ja!) Punks, Männer wie Frauen, wurden von Gerti Keller und Michael Fehrenschild befragt, von dem Fotograf Dominik Pietsch portraitiert, und in sehr persönlichen Gesprächen antworten sie auf Fragen zu Kindheit und Jugend, zum Erwachsenwerden, zu Arbeit und Beruf, zu Wünschen – zur Gegenwart, die damals, als die Punk wurden, eine ferne Zukunft war.

Viele bekannte Gesichter und Köpfe sind dabei, dennoch sind die Interviews persönlich und direkt, eher fanzinig-neugierig als journalistisch distanziert. Deutscher W wurde befragt, Babette (VAGEENAS), Dicken (SLIME), Frank Z., Harry Rag, Peter Hein, Trini Trimpop, Karl Nagel, viele „Szene-Aktive“, aber auch viele normale „Szene-Gänger“, mehr Männer als Frauen, und die Prominenz bleibt im Hintergrund, das Buch im A4-Format nennt alle nur beim Vornamen, aber man (er)kennt sie natürlich.

Kritisieren möchte ich eine gewisse Rheinlandlastigkeit bei der Auswahl der Interviewpartner, aber das ist wohl dem persönlichen Bezug der Autoren zu den Interviewten geschuldet. Ein interessantes Lesebuch, wichtige und spannenden Lebensgeschichten wurden für die Zukunft dokumentiert, denn auch für Punks gilt: irgendwann ist es zu spät, solche Geschichten abzufragen ...