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FAUST

Blickwinkel

Wer sich schon mal ein wenig mit Krautrock beschäftigt hat, der kennt die ikonische Röntgenhand auf dem Cover dieser Platte, die das erste Album von 1971 dieser wegweisenden, aber selbst für Krautrock-Verhältnisse eigenartigen Band schmückte, deren Geschichte ich schon häufiger in diesem Heft thematisiert habe. Aber irgendwas ist anders, denn das F in FAUST ist hier kleingeschrieben („faust, not Faust“), darunter steht „curated by Zappi Diermaier“ und der Plattentitel lautet „Blickwinkel“. Bereits 2022 gab es auf dem kleinen US-Label Eroto Tox Decodings die FAUST-Veröffentlichung „Daumenbruch“, bei dem einem die Röntgenhand den Mittelfinger zeigte. Nachdem Zappi Diermaier, Jean-Hervé Peron und Joachim Irmler in den 1990er Jahren FAUST noch gemeinsam am Leben hielten, gehen die drei schon länger getrennte Wege. Und seit 2021 gibt es FAUST mit kleinem F, wo sich Schlagzeuger Diermaier neben anderen Musikern auch mit dem FAUST-Urmitglied Gunther Wüsthof zusammentat. Andere Mitstreiter auf „Daumenbruch“ waren Dirk Dresselhaus sowie Andrew Unruh und Jochen Arbeit von den Neubauten, Dresselhaus und Arbeit sind auch auf „Blickwinkel“ wieder anwesend. Musikalisch ist „Blickwinkel“ ähnlich unberechenbar und spannend wie eigentlich die meisten FAUST-Releases, eine hypnotische sechsteilige Soundcollage aus diffusem Noise und greifbareren melodischen Songstrukturen, bei der Industrial-, Ambient- und Psychedelic-Elemente sinnstiftend zueinander finden, zusammengehalten von monotoner, teils an VELVET UNDERGROUND erinnernder Rhythmik.