1983 erschütterte ein bis heute einmaliger Skandal die deutsche Presselandschaft: die Veröffentlichung vermeintlicher Hitler-Tagebücher im Stern. Der Stern erwarb damals vom Maler Konrad Kujau für neun Millionen Mark die gefälschten Tagebücher. Insgesamt 62 Kladden, auf deren Einband die Initialen „FH“ anstatt „AH“ geklebt waren, da dem Fälscher, der den ersten Band offenbar nur zum Spaß geschrieben hatte, das passende „A“ gefehlt hatte. Zwar hatte der Stern Ende der Siebziger durch die Veröffentlichung von Christiane Felscherinows Schilderungen ihres Berliner Junkiealltags einen echten Hit gelandet, mit dem Abdruck der vermeintlichen Hitler-Tagebücher machte man sich komplett lächerlich, was den Ruf des Magazins bis heute schwer beschädigt hat. Gegen dieses Debakel erscheint der Fall Claas Relotius beim Spiegel immer noch harmlos. „Kir Royal“-Regisseur Helmut Dietl machte aus dieser eh schon unglaublichen Geschichte dann 1992 die wundervolle Mediensatire „Schtonk!“ mit Uwe Ochsenknecht und Götz George, in der es auch um den fragwürdigen Umgang der deutschen Nachkriegsgesellschaft mit dem Nazi-Erbe geht. Eine Geschichte, die zu gut ist, um sie nicht zu erzählen, in welcher Form auch immer, dachte ich zumindest bisher, sehe das aber nach der Miniserie „Faking Hitler“ anders, die auf RTL+ lief und jetzt auf DVD und Blu-ray erschien. Die Macher bemühten sich dabei um eine akkuratere Schilderung der Ereignisse als damals Dietl, allerdings leidet die Serie unter ihren seichten und seifigen Dramaturgie – Welcome to RTL+ Country! Während die Handlungsstränge mit Skandalreporter (Lars Eidinger) und Fälscher (Moritz Bleibtreu) eigentlich gut funktionieren, hätte man sich die rein fiktive Nebenhandlung mit der süßen Reportermaus, die sich gegen alte weiße Männer behaupten muss, und ihrem Nazi-Papa besser sparen sollen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #166 Februar/März 2023 und Thomas Kerpen