Foto

WANNSEE

Fabrice Le Hénanff

Villa Marlier, Berlin-Wannsee, 20. Januar 1942. 15 ranghohe Funktionäre der Nationalsozialisten kommen zu einer 90-minütigen Arbeitsbesprechung mit anschließendem Frühstück zusammen. Einziger Tagesordnungspunkt des Treffens: Die Endlösung der Judenfrage.

Mit verwaltungsbürokratischer Genauigkeit wird hier in sachlichem Behördendeutsch über den Massenmord an Millionen Menschen beraten. Diesen kurzen Zeitraum bildet der Franzose Fabrice Le Hénanff in „Wannsee“ ab, stellt die beteiligten Personen aber auch einzeln in kleineren Exkursen zu Tätigkeit und Werdegang vor.

Mit präzis-realistischem Strich und düsterer Aquarellierung zeigt er, dass tatsächlich Menschen hinter diesen monströsen Entscheidungen gestanden haben, gebildete Menschen, die an dieser Besprechung durchaus nicht alle in Uniform, sondern teilweise in Krawatte und Anzug teilgenommen haben.

Dabei geht er unter anderem von dem nur dank der Verhaftung und Internierung des Teilnehmers Martin F.J. Luther zufällig überlieferten, nachträglich entschärften Konferenzprotokoll aus. Abschließend geht er kurz auf die Geschichte der Villa Marlier ein und stellt in großformatigen Panels vor, wie es den 15 Konferenzteilnehmer nach dem Ende der Konferenz ergangen ist.

Ein Nachwort von Hans-Christian Jasch, Direktor des Hauses der Wannsee-Konferenz, und der Verweis auf verwendete Quellen und weiterführende Literatur runden den Eindruck eines gut recherchierten Bands ab.

Die abschließende Frage, die „Wannsee“ angesichts eines weltweit wieder aufkeimenden (Rechts)Populismus aufwirft ist: Könnten ähnlich unmenschliche Entscheidungen dieser Art wieder getroffen werden? Zurzeit sieht es da jedenfalls finster aus.