DINOSAUR JR

Green Mind / Where You Been / Without A Sound / Hand It Over

DINOSAUR JR. sind eine der wichtigsten Bands der späten Achtziger und frühen Neunziger. Sie und SONIC YOUTH und die schon 1987 aufgelösten HÜSKER DÜ verkörperten nach Punk und Hardcore einen neuen Klang, die Bandmitglieder hatten alle einen Bezug zu Punk und Hardcore, spielten aber unter neuem (oder bisherigem) Bandnamen „andere“ Musik, die zwar die Aggressivität ihrer frühen Jahre erkennen ließ, aber eine neugierige Öffnung hin zu neuen Klängen und/oder anderen Genres erkennen ließ.

Für die Konservativen unter den Punks kam das einem Verrat gleich, die Neugierigen ließen sich darauf ein. Dieser komisch knarzige Sound, dem man seine Verehrung für Neil Young klar anhörte, faszinierte, wirkte total sloppy aufgenommen, mit einem irgendwie schief singenden Sänger, einem eigenwilligen, ultra lauten Gitarrensound, dabei aber doch auch folkig.

Hervorgegangen aus der 1984 aufgelösten Bostoner Hardcore-Band DEEP WOUND mit J Mascis am Schlagzeug und Lou Barlow an der Gitarre, war die Besetzung bei DINOSAUR JR etwas anders: Barlow spielte nun Bass, Mascis die Gitarre, ein gewisser Murph trommelte.

Gerard Cosloy, ein Freund der Band, war zu dieser Zeit dabei, für den Vertrieb Dutch East India ein Label zu gründen namens Homestead, das zwischenzeitlich zur Heimat wurde von SONIC YOUTH, BIG BLACK und eben DINOSAUR JR.

Das erste, titellose Album von DINOSAUR JR. klingt auf wundervolle Weise unfertig, kantig, sperrig und ist doch auch verblüffend eingängig, siehe Songs wie „Forget the swan“, „The leper“ oder „Repulsion“.

Nach dem Debüt von 1985 kam 1987 „You’re Living All Over Me“, aufgenommen mit Hilfe von Lee Ranaldo und Wharton Tiers von SONIC YOUTH, und es war nur logisch, dass DINOSAUR JR. auf dem damals sich auf dem Höhepunkt befindlichen Label SST landeten.

War das erste Album noch irgendwie „passiert“, sind DINOSAUR JR. hier fokussierter, kontrollierter zur Sache gegangen, haben ihren speziellen Sound destilliert, und J stellt unglaubliche Sachen mit seiner Gitarre an.

Von ganz leise bis ganz laut, von schöner Melodie bis Kakophonie reicht das Spektrum, und spätestens mit dem THE CURE-Cover „Just like heaven“ waren sie in aller Munde. Das zweite (und letzte) SST-Album „Bug“ erschien 1988, es war seinerzeit die letzte Indie-Platte, denn DINOSAUR JR.

verabschiedeten sich damals wie so viele andere Bands von ihren Indie-Freunden und gingen zum Major Warner. Entsprechend erschien ihr viertes Album „Green Mind“ dann auch erst drei Jahre später, 1991.

Es folgten „Where You Been“ (1993), „Without A Sound“ (1994) und „Hand It Over“ (1997), dann war die Band durch, löste sich auf und fand erst 2005 wieder zusammen. In der Zwischenzeit, 2001, erschien auf Rhino/Warner die Werkschau „Ear Bleeding Country“ als Einzel-CD, bediente sich bei all den Alben und war ein guter Einstieg ins Schaffen der Ausnahmeband.

Ende 2018 hatte Cherry Red diese Compilation in deutlich aufgebohrter Version neu aufgelegt, ergänzt unter anderem um Tracks der Post-Reunion-Alben „Beyond“ (2007), „Farm“ (2009), „I Bet On Sky“ (2012) und „Give A Glimpse Of What Yer Not“ (2016) – sowohl (erstmals) als (Doppel-)LP wie auch als Doppel-CD mit nun 38 Songs.

Nun hat Cherry Red die vier Neunziger-Alben „Green Mind“ (1991), „Where You Been“ (1993), „Without A Sound“ (1994) und „Hand It Over“ (1997) sowohl im LP- wie im Doppel-CD-Format neu aufgelegt, und ich mochte diese Platten damals schon und mag sie noch heute.

Dabei waren es streng genommen keine „richtigen“ DINOSAUR JR-Alben, denn Lou Barlow war schon 1989 gegangen (worden), „Green Mind“ im Kern ein J Mascis-Soloalbum, auf dem Drummer Murph nur bei einem Teil der Songs spielte.

Auf „Where You Been“ war Murph dann auch noch zu hören, stieg nach der anschließenden Tour aber aus und fortan waren DINOSAUR JR mit diversen neuen Musikern einerseits kommerziell erfolgreicher als je zuvor, aber eben im Grunde Mascis’ Soloprojekt.

Konsequenterweise legte der den Bandnamen dann auch 1997 ab und machte unter seinem Namen weiter – bis es 2005 zur Reunion kam. Mal schauen, wann das nächste Album ansteht – „Give A Glimpse ...“ kam ja schon 2016, 2020 würde passen ...

– da kann man sich jetzt um die Neunziger-Klassiker kümmern, die mit über zwanzig Jahren Distanz den Alben aus den Achtzigern in fast nichts nachstehen. Muss man alle haben.