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DIE WELT IN 10 MILLIONEN JAHREN

In Ausgabe Nr. 88 war ich auf die sehr schöne deutsche DVD von Ralph Bakshis FEUER UND EIS von 1983 eingegangen, der dritte Film, in dem der Regisseur das Rotoskopie-Verfahren nutzte und sich verstärkt Fantasy-Themen zuwandte.

Zuvor entstand 1978 Bakshis unterbewertete Trickfilmversion von J. R. R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“ und 1977 WIZARDS, der bei uns DIE WELT IN 10 MILLIONEN JAHREN hieß. Jetzt erschien auch DIE WELT IN 10 MILLIONEN JAHREN bei uns auf DVD.

Im Gegensatz zu FEUER UND EIS und DER HERR DER RINGE muss man allerdings sagen, dass dieser der enttäuschendste Film dieser vermeintlichen Trilogie ist, der sowohl inhaltlich als auch visuell noch zu sehr an Bakshis bisherige Arbeiten im Erwachsenentrickfilm-Bereich erinnert wie FRITZ THE CAT (1972), HEAVY TRAFFIC (1973) und COONSKIN (1974).

Gleichzeitig versuchte Bakshi offenbar, eine Form von Fantasy zu schaffen, die auch ein jugendliches Publikum ansprach. „The ultimate futuristic fantastic epic.“, „A fantasy vision of the future.“ und „An epic fantasy in a world of peace and magic.“ versprechen uns die Taglines, aber oft hat man eher das Gefühl, einem heillosen Kuddelmuddel beizuwohnen, das zwischen albernem Humor und regelrecht verstörenden Momenten voller Sex und Gewalt keine wirklich ausgewogene Mischung hinbekommt.

Möglicherweise eines der seltsamsten Werke der Filmgeschichte, in dem Bakshi Elfen, Mutanten und Wehrmachtspanzer in einem apokalyptischen Niemandsland aufeinanderprallen lässt, ein psychedelischer Trip, bei dem man sich häufiger fragt, was die Macher während der Dreharbeiten alles eingeworfen haben.

Grundsätzlich geht es um das klassische Duell zwischen Gut und Böse in Gestalt der beiden Brüder und Zauberer Avatar und Blackwolf, die um die Vorherrschaft auf dem Planeten kämpfen, wobei Avatar die Machenschaften seines Bruders zuerst eher desinteressiert zu Kenntnis nimmt: „I’m too old for this sort of thing.

Just wake me up when the planet’s destroyed.“ Dennoch begibt er sich dann mit einigen anderen Gestalten auf eine etwas wirre Odyssee, um seinem Bruder das Handwerk zu legen. Extrem irritierend an WIZARDS ist, wie Bakshi permanent mit Nazi-Symbolik hantiert, inklusive dem Horst-Wessel-Lied, um die Welt des bösen Zauberers Blackwolf zu charakterisieren, was gerade in Deutschland einen etwas faden Beigeschmack hinterlässt. Inhaltlich mag WIZARDS kein besonders gelungener Film sein, dafür ist Bakshi damit eines der experimentellsten Werke im Bereich Animation geglückt – das Äquivalent eines Frank Zappa-Albums, wenn man so will.

Dennoch war WIZARDS ein großer Erfolg in den Staaten, zumindest eine Woche lang, danach löschte ein Film namens STAR WARS ihn für lange Zeit aus dem kollektiven Bewusstsein, dessen Hauptdarsteller bekanntlich ein gewisser Mark Hamill ist, der in Bakshis Film als Sprecher zu hören ist.

Sicherlich die größte Tragik in der Karriere von Bakshi, der immer ein großer Visionär war, aber selten wirklich Erfolg mit seinen Filmen hatte, die ihrer Zeit immer etwas voraus waren. Für Zeichentrickfilm-Fans alter Schule und natürlich Bakshi-Kenner ist DIE WELT IN 10 MILLIONEN JAHREN natürlich eine willkommene Veröffentlichung (in den USA erschien er bereits 2004 auf DVD), und sei es nur aus nostalgischen Gründen, denn ein heutiges, an Computeranimation gewöhntes Publikum wird dem Ganzen nicht allzu viel abgewinnen können.

Koch präsentiert den Film in guter Qualität, ungeschnitten und versehen mit den Extras der US-Disc, darunter ein Audiokommentar von Bakshi, neben einem sehr umfangreichen Booklet.