Der US-amerikanische Regisseur Robert Aldrich war in den Fünfzigern und Sechzigern für einige Klassiker des actionreichen Hollywoodkinos verantwortlich, darunter 1954 „Vera Cruz“, 1965 „Der Flug des Phoenix“ und natürlich 1967 der Kriegsfilm-Klassiker „Das dreckige Dutzend“. Zu seinen weniger bekannten Arbeiten gehört „Die Grissom Bande“, die Adaption des Erstlingswerks „Keine Orchideen für Mrs. Blandish“ des britischen Thriller-Autors James Hadley Chase, mit dem dieser 1939 gleich einen Bestseller landete. 1948 wurde das Buch das erste Mal verfilmt, nachdem es bereits 1942 in England als Theaterstück aufgeführt wurde. 1948 schrieb Chase sogar noch eine ebenfalls verfilmte Fortsetzung namens „Das Fleisch der Orchidee“, was man nicht unbedingt vermuten würde, wenn man nur den Film von Aldrich kennt, der hierzulande bisher nur in gekürzter Form im Kino lief und auf VHS veröffentlicht wurde. Allerdings war der Film in den USA kein großer Erfolg, weswegen Aldrich seine Produktionsfirma und sein eigenes Studio wieder schließen musste. Aldrich verlegte die in den 1940er Jahren in New York City spielende Handlung des Romans ins Missouri zur Zeit der Prohibition, wo drei Hillbilly-Gangster ungeplant zu Kidnappern einer Millionärstochter werden, auf deren Diamantenhalskette sie es eigentlich nur abgesehen hatten. Die Millionärstochter wird ihnen dann von der skrupellosen Grissom-Gangsterfamilie abgejagt, in die sich dann der geistig minderbemittelte Slim Grissom (Scott Wilson aus „Kaltblütig“ und „The Walking Dead“) verliebt. Aldrichs völlig unterschätzter, fast ausschließlich von verschwitzten Psychopathen bevölkerter brutaler Gangsterfilm entpuppt sich dabei als spannende Auseinandersetzung mit dem Stockholm-Syndrom und wurde jetzt das erste Mal auf DVD veröffentlicht, ungeschnitten und in guter Qualität.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #167 April/Mai 2023 und Thomas Kerpen