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DIE GESAMTEDITIONEN DES DR. FU MAN CHU

Schon der Klappentext der 1975 beim Groschenroman-Verlag Bastei Lübbe erschienenen Ausgabe von „Das Geheimnis des Dr. Fu-Manchu“ (Sax Rohmers erster und einziger ins Deutsche übersetzte Fu-Manchu-Roman „The Mystery of Dr. Fu-Manchu“ von 1913) nährt die Vermutung, dass es sich bei dem Autor um einen vom Imperialismus seines Heimatlandes geprägten typischen Engländer handelt, der mit reichlich rassistischen Stereotypen einen Superbösewicht schuf, wie man ihn auch in den 1950er Jahren bei Ian Flemings „James Bond“-Reihe fand. Rohmers Romane waren auch nie etwas anderes als anspruchslose Pulp-Literatur, in denen dem Autor wohl mit Dr. Fu-Manchu und seinem Gegenspieler Inspektor Nayland Smith von Scotland Yard eine ähnlich ikonische Paarung vorschwebte wie Professor James Moriarty, der „Napoleon des Verbrechens“, und Sherlock Holmes bei Arthur Conan Doyle. Auf gewisse Weise versetzte diesem kriminellen asiatischen Genie Peter Sellers den Todesstoß, als er sowohl Fu-Manchu als auch Nayland Smith 1980 in seinem letzten Film „Das boshafte Spiel des Dr. Fu Man Chu“ („The Fiendish Plot of Dr. Fu Manchu“) verkörperte, den Publikum und Kritiker hassten. Aber alleine Sellers Verkörperung von Fu Manchu ist sehenswert und der Humor des Films nicht weit entfernt von der Pink-Panther-Reihe. Mit dabei auch Burt Kwouk (Inspektor Clouseaus Diener Cato), der amüsanterweise bereits 1966 in „Die 13 Sklavinnen des Dr. Fu Man Chu“ („The Brides of Fu Manchu“) und 1967 in „Die Rache des Dr. Fu Man Chu“ („The Vengeance of Fu Manchu“) auftauchte, Teil zwei und drei der Dr.-Fu-Man-Chu-Filmreihe des britischen Produzenten Harry Alan Towers.
Bereits 1923 und 1924 entstanden Stummfilme mit Dr. Fu Manchu, seinen ersten Auftritt in einem Tonfilm hatte er dann 1929 in „The Mysterious Dr. Fu Manchu“, gefolgt 1930 und 1931 von „The Return of Dr. Fu Manchu“ und „Daughter of the Dragon“, in denen der spätere Charlie Chan-Darsteller Warner Oland Dr. Fu Manchu verkörperte. Die bösartigste Darstellung gelang dann Boris Karloff 1932 in „The Mask of Fu Manchu“. Größeren Bekanntheitsgrad dürften aber die fünf von Harry Alan Towers in den Jahren 1965 bis 1968 produzierten, qualitativ sehr unterschiedlichen Fu Manchu-Filme sein (aufgrund verschiedener Regisseure wie Don Sharp, Jeremy Summers und Jess Franco), für die er unter dem Pseudonym Peter Welbeck auch die Drehbücher verfasste, und für die er Dracula-Darsteller Christopher Lee verpflichten konnte. Der hatte darin allerdings nicht viel zu tun, außer zum richtigen Zeitpunkt irgendwo rumzustehen oder auf seinem Thron zu sitzen und auf absurdeste Weise die Weltherrschaft anzustreben, selbst wenn damit die Vernichtung der Menschheit einherging. Zusätzlich gehandicapt war er durch sein Make-up, das eine ausdrucksstarke Mimik verhinderte. Aktiver war dagegen seine nicht minder bösartige Tochter Lin Tang (Bond-Girl Tsai Chin) und die zahlreichen, zum Teil aus den Edgar Wallace-Filmen stammenden deutschen Darsteller wie Heinz Drache, Joachim Fuchsberger, Karin Dor oder Götz George, da die Filme eine Koproduktion mit Constantin in Deutschland waren. Auf DVD erschienen alle fünf Filme bereits 2006, wo bereits die sich unterscheidenden deutschen Kinofassungen und internationalen Schnittfassungen enthalten waren. Jetzt erfolgte auch eine gelungene HD-Auswertung auf Blu-ray. Enthalten sind neben den fünf Filmen noch zwei zusätzliche Discs mit reichlich Bonusmaterial, darunter Audiokommentare zu jedem Film von Dr. Rolf Giesen. Im Gegensatz zu den Wallace-Filmen von Rialto gibt es bei Towers wesentlich mehr Sadismus und Sex (vor allem bei den beiden Franco-Beiträgen) und exotischere Locations wie Hongkong, Brasilien oder Türkei. Die Kritiker ließen an den Filmen allerdings kein gutes Haar, aber Towers’ „triviales Abenteuerkino mit Horrorfilm-Elementen“ ist trotz seiner billigen Machart und haarsträubenden Storys ganz im Sinne von Rohmer schamloses, aber dafür umso unterhaltsameres Pulp-Kino, bei dem der größte Kritikpunkt ist, dass sich Towers nicht die Mühe gab, seinen asiatischen Superbösewicht mit einer angemessenen Origin Story zu versehen.