Ob es einem gefällt oder nicht, aber Benny Hill, 1924 als Alfred Hawthorn Hill geboren, war eine Institution der britischen Medienlandschaft, der bereits vor seinem Wechsel von der BBC zu Thames Television, die dann ab 1969 seine "Benny Hill Show" produzierte, als Schauspieler (CHITTY CHITTY BANG BANG oder THOSE MAGNIFICENT MEN IN THEIR FLYING MACHINES), Radiomoderator, Komödiant und Sänger (1971 war er mit dem Song "Ernie (The fastest milkman in the west)" vier Wochen lang auf Platz 1 der britischen Charts) gearbeitet hatte.
1989 sorgten Frauenrechtlerinnen dann für eine Absetzung seiner Show wegen Hills angeblich immer sexistischer werdenden Gags, der drei Jahre später vereinsamt, aber nicht verarmt starb, so als ob man ihm quasi seine Existenzgrundlage entzogen hätte.
Auf insgesamt acht DVDs präsentiert Kinowelt alle Sketche der Show, die in Deutschland zu sehen waren, das heißt, da fehlt einiges, wobei angeblich auch andere deutsche Folgen fehlen, was sich momentan nicht weiter überprüfen lässt, aber man weiß ja bereits von der "Monty Python"-Box, das bei so umfangreichen Serien oft nicht wirklich sauber gearbeitet wird.
Zumal die Folgen teilweise auch für die Veröffentlichung in den USA gekürzt wurden, da wäre wohlmöglich eine aufwändige Rekonstruktion des Urzustands der Folgen vonnöten gewesen, aber wer macht sich schon so viel Mühe ...
Der andere Knackpunkt ist, dass es keine Originaltonspur gibt, auch wenn Andreas Mannkopff als Sprecher von Hill durchaus amüsant ist. Aber es wäre ein echtes Wunder, wenn sich die deutsche Synchro von Karlheinz Brunnemann, der zusammen mit Rainer Brandt auch an der Serie "Die Zwei" gearbeitet hat, dabei nicht irgendwelche Freiheiten herausgenommen hätte.
Für eine Show, die nur aus einer Aneinanderreihung von mal mehr mal weniger gut funktionierenden Gags besteht, hat sich der Humor im Großen und Ganzen überraschend gut gehalten, zumal Hill Techniken wie Slapstick, Pantomime oder Parodie exzellent beherrschte.
Und so gab es neben reichlich infantilem Slapstick auch immer erstaunlich pointierte, clevere Parodien, vor allem in Bezug auf die Macken der damaligen Medienlandschaft bzw. der Popkultur, wenn man so will, die Hill gekonnt aufs Korn nahm.
Was den angeblichen Sexismus angeht, war das sicher ein wichtiges Standbein der Hill'schen Komik, die oft nach dem Prinzip "alter geiler Sack ist scharf auf junge Dinger" funktionierte, und so waren seine Sendungen bevölkert von gutaussehenden jungen Frauen, bei denen die Röcke schon mal knapper als sonst üblich waren und die Hinterteile recht offenherzig freilegten.
Nettes Augenfutter, falls ein Gag mal nicht ganz so brillant ausgefallen war. Allerdings könnte man darin auch durchaus eine satirische Aufarbeitung männlicher Begehrlichkeiten sehen, so wie Hill mit vollkommen überzogener Mimik und Gestik den notgeilen Biedermann verkörperte, der dafür auch oft Prügel einstecken musste.
Frauen mögen da vielleicht anderer Meinung sein, aber für die war die "Benny Hill Show" offenbar auch gar nicht gemacht. Wem die zumindest halbwegs günstige Kinowelt-DVD mit ihren 38 Folgen plus einer knapp einstündigen, interessanten Doku von Thames Television über Hill nicht ausreichen, müsste alternativ zu den wesentlich umfangreicheren US-DVDs der Serie greifen.
Ich bin auf jeden Fall schon mal ganz froh, dass Hill nicht nur als nostalgisch gefärbte Jugenderinnerung Bedeutung besitzt, sondern seine Fähigkeiten als Entertainer sich in die Jetztzeit transportieren lassen, sieht man mal von den immer ausufernderen, dämlichen Tanznummern mit den "Hill's Angels" in den späteren Shows ab.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #76 Februar/März 2008 und Thomas Kerpen