Die Erwartungen sind enorm, wenn sich „die beste Band der Welt“ nach acht Jahren Pause anschickt, ein neues Studioalbum zu veröffentlichen. Doch DIE ÄRZTE haben sich dieser Herausforderung gestellt und somit alle Spekulationen und Gerüchte über eine mögliche Trennung aus der Welt geräumt. Standen sie bereits im letzten Jahr bei Rock am Ring und Rock im Park wieder auf deutschen Bühnen und spielten eine Clubtour im benachbarten Ausland, so war ein neues Album nur die logische Schlussfolgerung. Wenn schon, denn schon. Denn ein Comeback ohne neuen Output bringt es ja nicht. Und wie man DIE ÄRZTE seit jeher kennt, machen sie keine halben Sachen. So ist auch „Hell“ ein pickepacke voller Longplayer mit 18 Songs und über einer Stunde Spielzeit. Nach einem sehr unterhaltsamen Trap-Intro, in dem die Herren beweisen, wie up to date sie doch immer noch sind, geht es mit „Plan B“ gleich in die Vollen. Treibender Pop-Punk-Rock, der sofort ins Ohr geht und textlich zum Schmunzeln anregt. Noch mehr wird das Tempo bei „Achtung: Bielefeld“ angezogen, eine der schmissigsten Nummern, die je Belas Feder entsprungen ist. Und so geht es munter weiter. Punk wird weiterhin großgeschrieben. Nicht zuletzt bei der ersten Single-Auskopplung „Morgens Pauken“, bei der sich alles darum dreht, was, wie, wo und wer Punk ist. Das macht schon Spaß. Trotzdem ist „Hell“ ganz bestimmt keine reine Spaßplatte. Denn Bela, Farin und Rod greifen durchaus zeitgenössische Themen kritisch auf. Da geht es um Verschwörungsmythen, Wutbürger, Digitalisierung und Cybersex. Musikalisch bleiben DIE ÄRZTE dabei so breit aufgestellt, wie man es von ihren letzten Alben her bereits kennt. So kommt es dann auch, dass sich mit „Alle auf Brille“ eine lupenreine Oi!-Nummer auf der Platte findet, die sich einst auch bei Scumfuck Mucke gut gemacht hätte. Eines muss man ihnen einfach zugute halten: DIE ÄRZTE schaffen es immer wieder, so auch auf „Hell“, sich neu zu erfinden und dabei dennoch stets treu zu bleiben. Denn die einzige Geschmackskontrolle, der sie sich unterziehen, sind sie bekanntlich selber. Und damit kann man sich ungehemmt austoben. So auch bei ihrem „Westerland“ 2.0 „Das letzte Lied des Sommers“. Warum sollte man sich nach so vielen Jahren des Erfolgs nicht einfach mal selber zitieren? Oder es einfach mal den Hosen gleichtun und übers Saufen singen? Das geschieht jetzt auch mal bei DIE ÄRZTE in „Einmal ein Bier“, allerdings deutlich subtiler als bei den Düsseldorfer Kollegen. Chapeau. So beweisen die drei, dass sie auch im Jahr 2020 noch nicht zum alten Eisen gehören und den gemütlichen Senioren-Rock dann doch lieber anderen überlassen. DIE ÄRZTE bleiben dann wohl doch „die beste Band der Welt“. Und das ist auch besser so.
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