DER SCHARFSCHÜTZE

Der 1886 geborene Henry King war einer der verlässlichsten und vielfältigsten Regisseure des Hollywood-Kinos, der ab den 1910er Jahren bis in die 60er Jahre hinein aktiv war, den Wechsel vom Stumm- zum Tonfilm problemlos bewerkstelligte und in seiner langen Karriere im Auftrag von 20th Century Fox Filme unterschiedlichster Genres produzierte, die überwiegend kommerziell erfolgreich waren.

In der letzten Phase seiner Karriere drehte er sechs Filme mit Gregory Peck als Hauptdarsteller, darunter den ungewöhnlichen Rachewestern „Bravados“ von 1958. Einige Jahre zuvor entstand mit „Der Scharfschütze“ ebenfalls ein für die damalige Zeit bemerkenswerter psychologischer Western, vor allem was die Charakterisierung seines Helden anging.

King bereitete damit den Weg für ähnlich um Glaubwürdigkeit bemühte Western wie „Zwölf Uhr mittags“ oder „Nackte Gewalt“, in denen es um Themen wie Zivilcourage ging. Rückblickend erscheint „Der Scharfschütze“ („The Gunfighter“), der jetzt das erste Mal auf Blu-ray in guter Qualität erschien, wie ein Vorläufer von Don Siegels 1976 entstandenem Spätwestern „The Shootist“, in dem John Wayne einen berühmten, inzwischen todkranken Revolverhelden spielt, der nach einem Weg sucht, um möglichst würdevoll aus dem Leben zu scheiden, aber den immer wieder seine Vergangenheit einholt.

In „Der Scharfschütze“ geht es um den von Peck gespielten, in die Jahre gekommenen Revolverhelden und Outlaw Jimmy Ringo. Der will nicht mehr töten und sich zur Ruhe setzen. Vorher will er noch ein letztes Mal seine Frau und seinen Sohn sehen, wird aber dann doch wieder in ein tödliches Duell verwickelt.

Auch in dieser subtil inszenierten Charakterstudie wird Ruhm und Legende zur unerträglichen und verhängnisvollen Last für den Helden und steht schließlich seiner angestrebten Vergebung und Versöhnung im Wege.