MARS VOLTA

De-loused in the comatorium CD

Was haben Cedric Bixler und Omar Rodriguez nicht in ihrem noch jungen Leben alles mitgemacht. Sie trafen einander in El Paso, der berüchtigten US-Grenzstadt zu Mexiko, formeten eine Band namens AT THE DRIVE-IN, die erst keiner hören wollte.

Dann entdeckten sie die Welt und die Welt eine der innovativsten (vor allem Live-) Bands überhaupt. Es folgten gute Presse, Touren mit RAGE AGAINST THE MACHINE und der kommerzielle Overkill dieser unglaublichen Band.

Aber gute Musiker lassen sich nicht unterkriegen. Letztes Jahr gab es bereits das Major-Debut des anderen Teils von AT THE DRIVE-IN, firmierend unter dem Namen SPARTA, und in gewisser Weise die Fortführung des kurzzeitig verlassenen Weges.

Cedric und Omar allerdings wollten sich weiter entwickeln, neue Wege gehen. In dem Interview, welches ich vor zwei Jahren mit dem ATD-I-Sänger führen durfte, zählte er neben Iggy Pop und seinen STOOGES sowie FUGAZI auch durchaus afrokulturelle und latainamerikanische Sounds zu seinen Einflüssen.

So zeigte er sich begeistert von der Musik von Fela Kuti. Und so war es auch kaum verwunderlich, dass die Beiden vorerst ihr Heil in einer Elektronic-Dub-Band namens DEFACTO suchten. Es folgten diverse Platten auf unterschiedlichen Labels, sowie ein Aufbegehren ihrer lauten Seite.

Dies in Form ihres zweiten, nahezu personell gleich besetzten Projekts THE MARS VOLTA. Die Debut -12" im letzten Jahr auf GSL verstöhrte mehr, als dass sie Freunde fand. Unheimlich komplexe und experimentelle Songstrukturen die für den oberflächlichen Hörer kaum nachvollziehbar erschienen, untermalt von hektischem Drumming auf allerhöchstem Niveau.

Es war eine Frage der Zeit, dass auch MARS VOLTA von der Industrie geschluckt wurden, wobei dies sicher nicht als Tragödie gewertet werden darf. Denn so hatten sie die Chance, ihr Album von Rick Rubin produzieren zu lassen, der sonst LIMP BIZKIT und Co zum fetten Sound verhalf.

Seit ein paar Wochen kann man nun diese besagte Scheibe kaufen, und die Presse ist voll des Lobes - zurecht wie ich meine. "Punk-Floyd" - dieses Prädikat hat man ihnen gegeben, und angesichts 12-minütiger Songs, die nach außen hin aggressiv nach vorn preschen, innerlich aber durch ein feinfühliches Skelett aus Jazz, Afrobeats und Latin gestützt werden, scheint dieses Prädikat nur gerechtfertigt.

Hier lebt die hohe Kunst des ordinären Musik-Schaffens im künstlerischen Sinne wieder auf. Und der plötzliche Tod des Keyboarders Jeremy Michael Ward läßt eben auch vermuten, dass sie wie ihre Geistesverwandten in den 60-ern und 70-ern , auch manch unheilbringende Substanz als Inspirationsquelle nutzten.

Verdrogt - Verspielt - Verdammt genial - ab September übrigens für die Puristen auf Doppel-Vinyl via GSL! Absoluter Übersong ist übrigens Stück Nummer sechs: "eriatarka"! (60:53) (10/10)