Foto

CRASH

James Graham Ballards 1973 erschienener Roman „Crash“ dürfte auf die Liste unverfilmbarer Bücher gehören, denn wollte man dessen drastische Bildsprache 1:1 auf die Leinwand bringen, würde man sich in Bereiche von Gewaltpornographie begeben. Aber das hatte den kanadischen Regisseur David Cronenberg fünf Jahre zuvor auch nicht davon abgehalten, mit William S. Burroughs „Naked Lunch“ ein ähnlich unverfilmbares Buch zu adaptieren. Bei „Naked Lunch“ konnte sich Cronenberg noch mit dem Kunstgriff retten, dass er nur in fiktionalisierter Form die Entstehung des Buches thematisiert hatte. „Crash“ hingegen ist eine tatsächliche Verfilmung von Ballards Buch, die sich am Handlungsverlauf der Vorlage orientiert. Bereits 1971, zwei Jahre vor der Veröffentlichung des Buches, entstand für die BBC der 17-minütige Kurzfilm „Crash!“, geschrieben von Ballard und mit ihm in der Hauptrolle, in dem der Autor auf experimentelle Art die fetischistischen Aspekte des Autos beleuchtet. Dieser Kurzfilm wäre für das Bonusmaterial der aktuellen Blu-ray-Veröffentlichung von „Crash“ – die den Film in einer gelungenen neuen 4K-Abtastung präsentiert – sicher interessanter gewesen als die drei völlig belanglosen Kurzfilme von Cronenberg, neben einigen Interviews mit den Beteiligten. Ansonsten scheitert Cronenberg auf ganzer Linie, Ballards radikale Gesellschaftssatire umzusetzen, in der die von Todessehnsucht und Lust getriebenen Hauptfiguren eine perverse Verschmelzung von Mensch und Maschine anstreben, eine symbiotische Verknüpfung von Tod und Erotik. Cronenbergs schlafwandlerisch inszenierte und oberflächliche Verfilmung wirkt dagegen wie ein unfreiwillig komisches Treffen anonymer Verkehrsunfallfetischisten, versetzt mit banalen Softsexszenen, ohne dass dabei das gestörte Innenleben der Protagonisten wirklich freigelegt würde.