2019 jährt sich das Erscheinen der ersten Ausgabe des Ox-Fanzine zum 30. Mal. Als die 1986 in Linz gegründeten TARGET OF DEMAND das „Gruss“-Album im Februar und März des Jahres 1989 im Hildesheimer Masterplan-Studio einspielte, war die erste Ausgabe des Ox gerade erschienen, die zweite in Arbeit.
Und in Ox Nr. 3 fand sich dann auch die Rezension des Albums, das in der We Bite Records-Anzeige in Ox Nr. 2 als „DC-beeinflusster Hardcore aus Österreich“ angekündigt worden war. Ich verglich die Band damals mit EA80, NEUROTIC ARSEHOLES und „D.C.-Bands“.
Die Testpressung im Originalcover habe ich bis heute, überreicht worden war sie mir auf dem „kurzen Dienstweg“ von We Bite-Labelboss Thomas „Issi“ Issler bei einem seiner Wochenendbesuche in der damaligen Ox-Stadt Heidenheim.
Die Liebe zog ihn fast jedes Wochenende hierher, ich erfreute mich an Szenenews aus erster Hand, war We Bite damals doch einer der großen Player in der deutschen Hardcore-Landschaft. Ich war Fan von DC-Hardcore – wir sprachen damals schon nur mit Anführungszeichen von Emocore, hatten etwa im Interview mit der Dischord-Band SOULSIDE gelernt, dass der Ausdruck Emo, der irgendwann im Kontext von DAG NASTY, GRAY MATTER, MARGINAL MAN, SOULSIDE und Co.
aufgetaucht war, unter den „Betroffenen“ nicht wohlgelitten war. Und nun also TARGET OF DEMAND, die mit STAND TO FALL (mit denen zusammen hatten sie zuvor auch eine Split-Platte veröffentlicht) gern gesehene Gäste in Süddeutschland waren, etwa im S.P.A.S.S.-Haus in Schwäbisch Gmünd.
Mir fiel (und fällt bis heute) die enorm wuchtige Produktion von „Gruss“ auf, das Masterplan-Studio hatte gute Arbeit geleistet. Punk- und Hardcore-Platten klangen damals oft viel schlechter, aus Geldmangel und Unwissenheit.
Die Musik, die T.O.D. auf „Gruss“ präsentierten, war allerdings in gewisser Weise schon zum Zeitpunkt der Albumveröffentlichung ein Anachronismus: die (angenommenen) Vorbilder aus der US-Hauptstadt waren längst aufgelöst oder musikalisch weitergezogen, mit NOMEANSNO und FUGAZI zeichneten sich neue, andere Klänge ab, aus New York kam sehr metallischer Hardcore, und deutschsprachige Bands machten damals Fun-Punk und Schlimmeres – und die BOXHAMSTERS waren gerade neu auf den Plan getreten.
T.O.D. war damals mit „Gruss“ ein Solitär gelungen, wie sie klang damals keine andere Band im deutschen Sprachraum, und sowieso keine aus Österreich. Durch die außergewöhnliche Produktion klingt das Album auch für die heutige Verhältnisse gut, ist entsprechend relativ gut gealtert.
Man neigt ja dazu, bei würdigenswerten Klassikern in die Ferne zu schweifen und dabei zu übersehen, was einst im Zeitkontext die wirklich wichtigen Platten waren. Hier haben wir eine. Es ist an der Zeit, sie neu zu entdecken, und das geht ideal mit dieser Doppel-LP, die neben der kompletten „Gruss“-LP auch die Songs der Split-LP mit STAND TO FALL (die ja auch kürzlich separat veröffentlicht wurde) enthält sowie diverse Demo-, 7“- und Live-Tracks.
Kommt als Klappcover-Album mit bedruckten Innersleeves mit ausführlichen Linernotes, Fotos, Coverabbildungen sowie einer Liste aller Konzerte – und als Bonus gibt es dann noch eine CD mit 17 Live-Tracks.
© by - Ausgabe # und 26. Februar 2021
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #144 Juni/Juli 2019 und Joachim Hiller