Wenn es heißt, das Genre Blaxploitation wäre Ende der 1960er-Jahre als Reaktion auf das durch die Bürgerrechtsbewegung entstandene neue Selbstbewusstsein der afro-amerikanischen Bevölkerung entstanden, dann gilt das vor allem für Melvin Van Peebles’ ruppigen Underground-Kultfilm „Sweet Sweetback’s Badaaasss Song“. Schon der im selben Jahr entstandene „Shaft“ machte klar, dass die Filmindustrie aus diesem Trend nur möglichst viel Kapital schlagen wollte, auch wenn viele Blaxploitation-Filme tatsächlich von schwarzen Regisseuren gedreht wurden. Wer noch nie einen Blaxploitation-Film gesehen hat, bekommt mit Jack Hills „Coffy“ quasi die Essenz dieses Genres geliefert, auch wenn dieser ein späterer Vertreter war und Hill ein weißer Regisseur. Dafür gibt es hier mit Pam Grier als Hauptdarstellerin die unangefochtene Blaxploitation-Königin, die als Krankenschwester „Coffy“ Coffin („Coffy is the color of your skin ...“) mit schmierigen Zuhältern, Drogendealern und korrupten Politikern (schwarz) und Polizisten (weiß) in bewährter Selbstjustiz-Manier aufräumt. Dieser Bündelung dreister Gewaltverherrlichung, Frauenfeindlichkeit und rassistischer Stereotype, der im selben Maße widersprüchliche emanzipatorische Tendenzen gegenüber stehen, brachten dem Film eine langjährige, 2004 aufgehobene Indizierung ein – inzwischen ist er sogar „ab 16“ freigegeben. Wie bereits Hills danach gedrehter „Foxy Brown“ (ebenfalls mit Grier) ist „Coffy“ jetzt als preisgünstige Blu-ray ohne Extras oder Untertitel in sehr guter Bildqualität zu haben. Die tontechnisch leider etwas durchwachsene deutsche Synchronisation ist in diesem Fall ein echter Hit der legendären Berliner Synchron, bei der der Wermutstropfen nur die beiden in der Kinofassung fehlenden, erst später sehr schlecht neu synchronisierten Szenen sind.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #151 August/September 2020 und Thomas Kerpen