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STRANDED: AUSTRALIAN INDEPENDENT MUSIC 1976-1992

Clinton Walker

Man tendiert hin und wieder dazu, sich zu Themen eine gewisse Kompetenz zuzusprechen. Australischer Punk? Na klar, da kann ich beim Namedropping mithalten ... dachte ich. Wie so oft ist das Selbstbewusstsein größer als das Wissen, wenn man sich einmal in den Detail-Kaninchenbau begibt. So ein Bau, so ein Fall ist „Stranded“, das der 1957 in Melbourne geborene Musikjournalist Clinton Walker, inspiriert von der Oral History-Technik von Jon Savage („England’s Dreaming“) ursprünglich 1996 veröffentlichte und da- für nicht nur Beifall bekam: zu persönlich gefärbt, zu meinungsstark sei das Buch, hieß es damals. Eine Einschätzung, die zu entkräften sich Walker in der langen Einleitung der umfangreich überarbeiteten und ergänzten Neuauflage nicht die Mühe macht – allein zu diesem Aspekt ließe sich ein Proseminar Musikjournalismus abhalten. Walker konzentriert sich – ohne ideologische Scheuklappen – als damals selbst Szeneaktiver auf die „Indie-Bands“ der ersten 15 Jahre Aussie-Punk, auf Bands wie unter anderem THE SAINTS, RADIO BIRDMAN, THE GO-BETWEENS, THE HARD-ONS (um mal die bekannteren zu nennen), die ihre Wertschätzung oft erst im Nachhinein erfahren haben, aber einst Underground abseits des Musik- business waren. „Stranded“ ist kein Kompendium für Einsteiger:innen, sondern eine massive Menge spannenden Lesestoffs für jene, die sich im Detail mit dem australischen Underground beschäftigen wollen. Erst einstimmend und dann beglei- tend gibt es eine Playlist auf Spotify und YouTube. Tipp: Verleger Steve Connell lebt mittlerweile in Hamburg, das Buch ist also leicht zu bekommen: visiblespectrumseries@gmail.com