Wer vor allem KRAFTWERK als Pioniere elektronischer (Pop)Musik ansieht, sollte vielleicht auch noch mal ein paar Jahre weiter zurückblicken. Denn 1968 und 1969 nahm das New Yorker Duo SILVER APPLES zwei Platten auf, die Bands wie SUICIDE, RESIDENTS, Brian Eno und später SPACEMEN 3 unüberhörbar beeinflussten, aber zu einer Zeit, als die Leute lieber die BEATLES hörten, wegen ihres experimentellen Ansatzes überwiegend ignoriert wurden.
Denn zum minimalistischen Schlagzeugspiel von Dan Taylor erzeugte Simeon Coxe mit selbstgebauten Synthesizern eigenwillige melodische Space-Drones. Das vorzeitige Ende der Band resultierte dann aus Rechtsstreitigkeiten mit Pan Am Airlines wegen des Coverartworks des zweiten Albums „Contact“, das die beiden Mitglieder auf der Vorderseite in einem Cockpit zeigte, während die beiden auf der Rückseite Banjo spielend zwischen Flugzeugtrümmern zu sehen waren.
Ende der Neunziger tauchten die SILVER APPLES wieder aus der Versenkung auf und 1997 und 1998 erschienen mit „Beacon“ und „Decatur“ sogar zwei neue Alben. „Clinging To A Dream“ ist jetzt nach 19 Jahren das erste neue Lebenszeichen der SILVER APPLES, allerdings verstarb Taylor bereits 2005, dessen Schlagzeugsound Coxe versuchte elektronisch zu reproduzieren.
Wie schon damals wirken die SILVER APPLES auch heute noch seltsam aus der Zeit gefallen, möglicherweise sogar etwas anachronistisch, was ihre Parallelen zu SUICIDE, Eno oder SPACEMEN 3 angeht, aber dennoch nicht minder faszinierend, denn ihr schüchterner wie mysteriöser Minimal-Pop scheint nicht wirklich von dieser Welt zu sein.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #128 Oktober/November 2016 und Thomas Kerpen