WE CALL IT PUNK

Christoph Lampert

Gerade noch rechtzeitig zum Ausklang des Jubiläumsjahres und pünktlich zur Vorjahreszeit beschenkt sich unser aller Lieblingsheft nochmal mit einem prächtig geratenen Bildband selbst. Kollege Christoph Lambert, seit über 20 Jahren als photographischer Chronist auf allerlei Punkshows im norddeutschen Raum unterwegs, plünderte für diesen Anlass nicht nur sein umfangreiches Archiv, nein, er nahm sogar die herkulische Arbeit auf sich, jedem der 77 porträtierten Protagonisten eine Anekdote oder zumindest ein Statement zum betreffenden, photographisch für die Ewigkeit konservierten Moment zu entreißen.

Was dabei schließlich entstand, ist ein unglaublich liebevolles und faszinierendes Kaleidoskop unserer doch so unglaublich bunten, energetischen und vielseitigen Szene und von A wie DIE ÄRZTE bis Z wie ZSK, von 1989 (u.a.

JINGO DE LUNCH, EA 80) bis 2008 (GOGOL BORDELLO, THE TURBO A.C.’s, etc.), von Pop-Punk wie den QUEERS bis hin zu Hardcore wie den SPERMBIRDS wird kaum etwas von Relevanz ausgespart. Das Buch gliedert sich dabei in die beiden Teile „Classic years“ (1989 bis 2006) und „Digital years“ (bis heute), wobei natürlich mich als alten Schwarzweiß-Romantiker gerade die grobkörnigen Bilder aus einer Zeit, als ich noch mit He Man-Figuren spielte und die „World Wrestling Federation“ im Fernsehen verfolgte, am meisten in den Bann ziehen.

Bei den historischen Aufnahmen von RUBBERMAIDS, BAD RELIGION, MEGA CITY FOUR oder VERBAL ABUSE glaubt man förmlich das Kondenswasser die Decken herab tropfen zu spüren – meine Güte was würde ich darum geben, dabei gewesen zu sein! Aber egal, dafür wird man ja auch oft genug mit sehr spannenden Geschichten entlohnt und darf nachträglich unter anderem noch einmal Zeuge werden, wie Ray Cappo von YOUTH OF TODAY gegenüber einer Bande versoffener Metalprolls unter Beweis stellt, dass sich auch Straight Edger zur Wehr zu setzen verstehen, wie 2BAD eine verschnarchte Kunststudentenparty in Stuttgart sprengen, dass es 1990 nicht nur bei den BOXHAMSTERS noch üblich war in Jogginghosen aufzutreten, welche Ängste THE CREEPSHOW-Sängerin Sarah zu durchleiden hat, als sie plötzlich in einem Provinzkrankenhaus im tiefsten Schwarzwald zu sich kommt, und wie es sich anfühlt mit den BOTTROPS eine Force Attack-Show bei gefühlten 48 Grad Hitze zu spielen.

Als viel zu kurz geratener Soundtrack liegt auch noch eine äußerst schnieke Live-7“ mit den ebenfalls im Buch dokumentierten VERNON WALTERS, SOULSIDE, SAMIAM und PASCOW bei und der Bildband kommt im schmucken, schwarzen Hardcover mit der Maße 235 x 285 mm (ca.

A4) daher. Das perfekte Weihnachtsgeschenk der Saison also, und angesichts der Auflage von gerade einmal lachhaften 444 Stück lautet die Devise „zugreifen“, aber pronto!