6:00 Uhr morgens, du liegst in deinem Bett, die Kinder schlafen. Plötzlich sitzt du am Küchentisch, bist gefesselt, während bewaffnete Beamte dein Eigentum durchwühlen, bevor sie dich vor den Augen deiner Kinder abführen.
Ein schlechter Film? Für Chris Moser, Künstler, Tierrechts –und Politaktivist aus Tirol/Österreich, harte Realität. Dass er die nächsten drei Monate im Gefängnis sitzen muss, kann er an jenem Morgen im Mai 2008 nicht ahnen.
Ebenso wenig, dass er im Wiener Neustädter Tierschutzprozess laut §278a, dem Mafia-Paragraphen, der Gründung einer kriminellen Organisation angeklagt wird. In diesem Buch kommt der Prozess selbst nur kurz zur Sprache, einen weitaus größeren Anteil nehmen die Schilderung der Verhaftung sowie die Zeit im Gefängnis ein.
Sehr detailliert und intim beschreibt Moser den zermürbenden wie tristen Alltag eines – in seinem Fall unschuldigen – Gefangenen. Zuvor skizziert Moser seinen Einstieg in die Polit- und Tierrechtsszene, an welchen Aktionen er in welchem Ausmaß teilgenommen, welche Kunstwerke er in welchem Zusammenhang entworfen hat beziehungsweise wie all das später von Politik, Justiz und Polizei so verdreht und ausgelegt wird, um Bespitzelungen in bester DDR-Manier und dreimonatige U-Haft zu rechtfertigen.
Es ist schockierend zu lesen, wie sich Rechtssystem und Politik die Freiheit nehmen, Menschen, die um ihre Ziele zu verfolgen Aktionen setzten, die vielleicht nicht gesellschaftskonform oder als ziviler Ungehorsam zu bezeichnen sind, stets aber im Bereich des Legalen bleiben, zu kriminalisieren und ohne stichhaltige Beweise zu inhaftieren.
Ein teils bedrückendes, vor allem aber sehr wichtiges Buch.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #101 April/Mai 2012 und H.C. Roth