CHAMPAGNER MÖRDER

Schon komisch, Claude Chabrol ist in meiner Filmsammlung völlig unterrepräsentiert. Den einen oder anderen Film hat man über die Jahre natürlich gesehen, aber die Auseinandersetzung mit einem Regisseur, der über 60 Filme gedreht hat, ist nicht ganz so einfach - und die sind eben auch nicht alle gut.

Und so lautet der Tenor bei CHAMPAGNER MÖRDER (LE SCANDALE), eine der frühen Arbeiten von Chabrol, dass es sich hier eher um ein fürchterliches Schlamassel als einen guten Film des Meisters handeln würde.

Sicher, Chabrol hat garantiert wesentlich bessere Sachen abgeliefert, aber eben auch viel langweiligere. Denn CHAMPAGNER MÖRDER ist mit seinen gut 90 Minuten eine höchst vergnügliche Angelegenheit, die sich den Thrillern von Hitchcock ähnlich sleazig annähert, wie es auch bei Brian De Palma später der Fall war.

Gleichzeitig findet Chabrol genug Zeit, sich seinem Lieblingssujet zu widmen, der verhassten dekadenten Bourgeoisie, die er hier satirisch aufs Korn nimmt und das durchaus gelungen, was auch mehr den Reiz der Geschichte ausmacht als die Entlarvung eines Komplotts, um den geistig labilen Namensgeber einer Champagnermarke in den Wahnsinn zu treiben, den Playboy Paul Wagner ("I thought I was cured ...

But instead, it's getting worse!"). Denn der weigert sich, seiner Cousine seine Firmenanteile abzutreten, damit die endlich ihren Deal mit irgendwelchen amerikanischen Geschäftsleuten unter Dach und Fach bringen kann, was auch ihrem Lover (Anthony Perkins) gut gefallen würde, der sich endlich eine Yacht zulegen will.

Und als der Champagnererbe schließlich mit einigen Frauenmorden in Verbindung gebracht wird, mit denen er offenbar nichts zu tun hat, kommt das dem materialistischen Pärchen natürlich sehr gelegen.

Wie gesagt, die Auflösung ist nicht das Interessante an CHAMPAGNER MÖRDER, aber das verdeutlicht Chabrol durchaus selbst, indem sich die Kamera beim Finale einfach immer weiter von dem unappetitlichen Geschehen und seinen durchweg unsympathischen Charakteren Richtung Orbit entfernt.

Dafür liefert Chabrol einem zuvor eine bösartige Bestandsaufnahme einer gesellschaftlichen Klasse, die vor lauter Geld nichts mit sich anzufangen weiß und deren sinnentleerte Dekadenz geradezu nach einer Bestrafung schreit - fast eine Vorwegnahme von Bret Easton Ellis.

Koch hat den Film das erste Mal komplett ungeschnitten und in sehr guter Bild- und Tonqualität veröffentlicht, leider sind mal wieder nur die nicht synchronisierten Szenen untertitelt, und ein Trailer wäre auch durchaus schön gewesen.