Bandbiografien sind in der Regel eine spannende Angelegenheit. Wenn dann noch eine deiner absoluten Lieblingsbands ihre veröffentlicht, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Im Stil der so genannten „oral history“ berichten die Brüder Lou und Pete Koller, ihres Zeichens Sänger und Gitarrist einer der erfolgreichsten Band des New York Hardcore, in mehreren Interviews von ihrem verrückten Werdegang als SICK OF IT ALL. Flankiert von zahlreichen Aussagen weiterer Weggefährten, aktuellen und ehemaligen Bandmitgliedern, wird hier das Bild einer Band gezeichnet, die sich von Anfang an ihrer ganz eigenen Interpretation dieses speziellen Sounds verschrieben hat. Dabei werden, wie es sich gehört, die Ups and Downs im Musikbusiness verarbeitet, der Stress mit Plattenlabels und der Ärger mit renitenten Fans, es wird aber auch so manche Tour-Eskapade zum Besten gegeben. SICK OF IT ALL haben sich einem leidenschaftlichen und kompromisslosen DIY-Ansatz verschrieben und so wird vor allem der Arbeitsethos der Band deutlich, der ihnen ihnen nach Jahren des unermüdlichen Tourens eine Ausnahmestellung nicht nur innerhalb der Hardcore-Szene, sondern weit darüber hinaus beschert hat. Der Schreibstil ist einfach und flüssig, kurze, knackige Statements vermitteln einem das Gefühl, man würde einem Thekengespräch der Koller-Brüder in einer ranzigen Bar in Brooklyn lauschen, während die eine oder andere Szene-Legende vorbeischaut, um eine weitere interessante Background-Story beizusteuern. Dabei entpuppen sich die zwei als ungemein sympathische, lustige und herzerwärmende Typen, die mit ihrer Passion für Musik und ihrem offenen Blick über Szenegrenzen hinaus vielleicht mehr für die Hardcore-Subkultur getan haben, als sie dies vor mittlerweile 35 Jahren hätten erahnen können.
© by Fuze - Ausgabe #87 April/Mai 2021 und Philipp Sigl