Wenn man denkt, man würde den Großteil des Western-Genres irgendwie kennen, kommt aus irgendeinem Loch ein Film gekrochen, bei dem die große Frage lautet, wieso er eigentlich so unbekannt ist. Liegt es an Regisseur Gordon Douglas, der zwar schon seit den 30er Jahren Filme gedreht hat, von denen aber die wenigsten echte Klassiker sind und eher B-Ware (darunter auch ein paar mit Frank Sinatra), sieht man mal von seinem Riesenameisen-Streifen FORMICULA (THEM!) von 1954 ab? Denn die Besetzung mit Lee Van Cleef, Forrest Tucker und Warren Oates klingt einigermaßen viel versprechend.
Letztendlich ist BARQUERO (das spanische Wort für Fährmann) aber eine recht durchwachsene Angelegenheit. Zum einen ein seltsam um Ernsthaftigkeit bemühtes „morality play“, zum anderen eine blutige Schlachtplatte in bester Italowestern-Manier, bei der man nur vom Zuschauen eine Bleivergiftung bekommt.
Lee Van Cleef spielt darin auf seine gewohnt stoische Art (ich glaube, er verzieht kein einziges Mal in BARQUERO auch nur den Mundwinkel) einen Individualisten mit altem Pioniergeist, der zu verhindern versucht, dass seine Fähre von einer Bande skrupelloser Banditen missbraucht wird, beziehungsweise diese die dortigen Siedler abschlachtet.
Deren Anführer ist Warren Oates in einer beeindruckend psychopathischen Rolle als in schwarz gekleidete Personifikation des Bösen, die fast ein wenig an BRING ME THE HEAD OF ALFREDO GARCIA erinnert, nur dass er hier alles andere als eine Identifikationsfigur darstellt.
Und als Pausenclown gibt es dann noch Forrest Tucker als kauzigen Waldschrat mit schrägem Humor und Säufervisage, der ja auch noch den trashigsten B-Horrorfilm wie etwa DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE zu einem echten Hochgenuss machen konnte.
Im Prinzip geht es also darum, wie Van Cleef zusammen mit den Siedlern versucht, die Banditen an der Überquerung des Flusses zu hindern, während Oates darüber den Verstand verliert und seine eigenen Männer massakriert.
Ein nicht immer überzeugender Versuch eines tiefschürfenden Psycho-Westerns, der aber immer wieder sehr unterhaltsame Momente besitzt, vor allem wenn Tucker seine Witze reißt oder Oates sich in Wahnvorstellungen verliert und den Fluss erschießt.
Schauspielerisch in jeder Hinsicht sehenswert, inhaltlich eher zwiespältig, denn man weiß nie so genau, welche Art von Message einem Douglas hier verkaufen will. Die DVD von Koch enthält das erste Mal eine ungeschnittene Fassung des streckenweise doch recht derben Films und so sind einige Szenen nur im Original mit deutschen Untertiteln und die Bildqualität auf wechselhaftem Niveau, bei solch einer Rarität ist das aber zu verschmerzen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #86 Oktober/November 2009 und Thomas Kerpen