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BAMBULE

Der Begriff „Bambule“ für „Krawall“ dürfte heutzutage kaum noch Verwendung finden, ist aber eine treffende Umschreibung für die krawallige Atmosphäre von Eberhard Itzenplitzs Schwarzweiß-Fernsehspiel im Auftrag des Südwestfunks. Die Ausstrahlung des Films im Mai 1970 geriet aber zum Politikum, denn die Drehbuchautorin, die Journalistin Ulrike Meinhof, war zu diesem Zeitpunkt zur Linksterroristin mutiert und beteiligte sich im selben Monat an der Befreiung von Andreas Baader, der wegen seiner Teilnahme an politisch motivierten Kaufhaus-Brandstiftungen inhaftiert war. Dieses Ereignis gilt als Geburtsstunde der RAF, deren ideologisches Konzept Meinhof mitverfasste. In Bezug auf das Thema des Fernsehspiel war zudem delikat, dass Meinhof mit Baader zusammen vor dessen Befreiung ein Buch über Heimerziehung schreiben wollte, was ein Vorwand war, damit dieser Ausgang erhielt. Meinhofs Drehbuch erschien dann 1971, Itzenplitzs Film hingegen verschwand in den Archiven und wurde erst 1994 ausgestrahlt, als die Logistik der RAF weitgehend zerschlagen war und die Mitglieder nur noch als Phantome durch die Bundesrepublik geisterten. „Bambule“ erschien jetzt das erste Mal auf DVD, in akzeptabler Qualität, mit einem Audiokommentar von Dr. Rolf Giesen. Itzenplitzs Film wirkt rückblickend wie ein um größtmögliche Authentizität bemühter Gegenentwurf zu spekulativen Frauengefängnisfilmen und dem scheinheiligen soziosexuellen Realitätsszenario der damals populären Schulmädchen-Report-Reihe mit ihren Altherrenfantasien, denn das Schicksal der Heiminsassinnen ist eher ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Zustände der 1970er Jahre und ihrer unterdrückenden Strukturen. Heinrich Böll meinte mal, dass die Einblicke von Meinhof und Baader in die soziale Realität zu ihrer Kriegserklärung geführt hätten.