Ein großer Fan von NINE INCH NAILS, die Trent Reznor Ende der Achtziger gegründet hatte (1989 erschien das erste Album „Pretty Hate Machine“), war ich nie. Und die Band während ihrer Fragility Tour 1999 gesehen zu haben, änderte daran auch nichts beziehungsweise bestätigte eher alte Vorbehalte.
Zumal mich auch immer störte, dass es Menschen gab, die NIN für Industrial hielten – profaner Alternative Rock wäre richtiger gewesen. Seit 2010 arbeitet Reznor verstärkt mit Atticus Ross zusammen und komponierte mit ihm den Soundtrack für David Finchers Film „The Social Network“ – im selben Jahr entstand auch Ross’ großartiger Score für „The Book of Eli“.
An der Musik für Finchers „The Girl with the Dragon Tattoo“ und „Gone Girl“ arbeiteten die beiden dann auch zusammen. Seit 2016 ist Ross, der in der Vergangenheit auch schon mit Barry Adamson kooperiert hatte, nun auch offizielles zweites Mitglied von NIN und nahm mit Reznor eine EP-Trilogie auf, die nach „Not The Actual Events“ (2016) und „Add Violence“ (2017) mit „Bad Witch“ nun ihren Abschluss fand.
Echter Industrial ist das zwar immer noch nicht, aber auch kein banaler Alternative Rock, denn die Musik von Ross und Reznor speist sich nicht zuletzt aus ihren Erfahrungen mit Soundtrack-Kompositionen.
Und so steht hier kruder Industrial-Rock gleichberechtigt neben technoidem ATARI TEENAGE RIOT- und APHEX TWIN-Geballer und abstrakten Jazz-beeinflussten Klängen, Noise trifft auf Melodie, womit Ross und Reznor in der Regel ihr Songwriting in nihilistischer Cut-up-Manier zerlegen und NIN auf beeindruckende Weise ihre Komfortzone verlassen haben.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #139 August/September 2018 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #60 Juni/Juli 2005 und Joachim Hiller