BAD LIEUTENANT

Zuerst muss man an dieser Stelle erst mal einige Worte zu den dreisten Vermarktungsstrategien mancher DVD-Firmen loswerden. Denn zum einen ist der Titel der DVD von „Bad Lieutenant 2“ natürlich großer Blödsinn, da Abel Ferraras „Bad Lieutenant“ neun Jahre nach Roberto Faenzas Film entstand, zum anderen heißt er eigentlich „Copkiller“ und wurde so auch hierzulande auf VHS und im Kino veröffentlicht.

Aber in Sachen kreativer Namensgebung ist man ja in Deutschland einigen Kummer gewöhnt. Die wesentlich größere Dreistigkeit offenbart sich hier allerdings bei der Covergestaltung, denn bis auf die Standbilder aus dem Film auf der Rückseite handelt es sich ausschließlich um Motive von Hauptdarsteller Harvey Keitel (der nun mal in beiden Filmen mitspielt) aus Ferraras „Bad Lieutenant“.

Irgendwie hat man es dabei auch noch geschafft, ein kleineres Gruppenfoto aus Werner Herzogs „Bad Lieutenant“ auf das Cover zu schmuggeln, der ja weder Sequel noch Remake von Ferraras Film ist.

Leider hören damit die Probleme bezüglich der DVD von „Bad Lieutenant 2“ nicht auf. Denn „Copkiller“ wurde für seinen deutschen Kinostart um einige Handlungsszenen erleichtert, was dann auf VHS und im Fernsehen natürlich nicht anders aussah.

Die einzigen bisher vollständigen Fassungen scheinen eine britische VHS unter dem Titel „Order Of Death“ (der Titel des zugrunde liegenden Romans von Hugh Fleetwood) und die italienische Fernseh-Ausstrahlung zu sein.

In England und den Staaten existieren zwar DVDs unter dem Titel „Corrupt“, die länger als die deutsche Fassung sind, dafür wiederum andere Szenen vermissen lassen, und darüber hinaus eine unterirdische Qualität aufweisen.

Wer also ernsthaftes Interesse an Faenzas Film hat, bekommt mit „Bad Lieutenant 2“ jetzt zumindest eine halbwegs anschaubare und deutlich längere, aber offenbar auch nicht komplette Fassung auf ordentlichem VHS-Niveau dieses hochinteressanten Psychothrillers geliefert.

Bereits die Eingangssequenz ist äußerst intensiv, unterlegt von der Musik Ennio Morricones (eigentlich sollten PiL den Soundtrack dafür aufnehmen), der hier ein wenig seinen Score für „Peur sur la ville“ zitiert.

Kurz darauf kommt dann schon Johnny Rotten/Lydon die Rolltreppe hochgefahren, in seiner einzigen und vor allem wirklich ernstzunehmenden Filmrolle. Zwischen dem herrlich arroganten und zynischen Rotten und dem von Keitel gespielten Polizisten entbrennt dann ein bizarres Katz-und-Maus-Spiel in der Zweitwohnung des korrupten Gesetzeshüters.

Denn während seine Kollegen einen Serienmörder suchen, der es in New York auf Polizisten abgesehen hat, tut Lieutenant Fred O’Connor alles erdenkliche, um seinen schmutzigen Nebenerwerb geheim zu halten, und für den Rotten anscheinend die größte Bedrohung dabei darstellt, der eines Tages bei ihm vor der Tür steht und behauptet, der Copkiller zu sein.

Rückblickend erscheint Keitels Rolle in „Copkiller“ tatsächlich wie eine Blaupause für die Figur, die er später dann in „Bad Lieutenant“ verkörperte. Das gilt ebenfalls für das starke „Schuld & Sühne“-Motiv beider Filme, das durch Ferraras ausgeprägten Katholizismus natürlich noch wesentlich deutlicher wird.

Ferraras New Yorker „Dirty cop“ ist allerdings noch um einiges heruntergekommener und außer Kontrolle geraten und nimmt schamlos Kleinkriminelle aus, um seinen selbstzerstörerischen Drogenkonsum und seine Wettleidenschaft zu finanzieren.

Zwei ungemein starke Rollen für Keitel, dessen rohe physische Präsenz nicht verschleiern kann, dass seine Figuren letztendlich psychisch an ihrer schweren moralischen Schuld zugrunde gehen.

Bei der DVD von Arthaus kann man bedenkenlos zugreifen, nicht die erste von „Bad Lieutenant“, aber sicherlich die qualitativ beste, versehen mit einem Audiokommentar von Ferrara und einigen „Making Of“-Features.