In Norbert Grobs und Thomas Kleins äußerst langweiligen Buch "Road Movies", wo sich einige Akademiker an diesem Genre abarbeiten, wird zumindest auch Monte Hellmans großartiger TWO-LANE BLACKTOP erwähnt.
Dort ordnet man den Film dem Subgenre "Rennfilm" zu, aber wer dabei an den Blechschaden-Klamauk von AUF DEM HIGHWAY IST DIE HÖLLE LOS denkt, ist hier an der falschen Adresse. Denn TWO-LANE BLACKTOP - eine Bezeichnung für die Asphaltdecke eines Highways - hat mit seiner extremen Reduktion der dramaturgischen Mittel und seinem existentialistischen Anspruch sicher mehr mit der europäischen Nouvelle Vague zu tun, als mit den üblichen amerikanischen Autorennfilmen.
Auch wenn am Anfang des Films eine typische Wette zwischen zwei jungen Autofreaks (Singer/Songwriter James Taylor und Dennis Wilson von den Beach Boys) und Warren Oates ("If I'm not grounded pretty soon, I'm gonna go into orbit.") steht, die sich mit einem 1955 Chevy und einem Pontiac GTO Judge ein Überlandrennen nach Washington, D.C.
liefern, wo der Gewinner den Wagen des anderen bekommen soll - dummerweise kommt keiner der Kontrahenten dort an. Für die Reduzierung der Persönlichkeit der Fahrer auf ihre Automobile steht schon ihre Namensgebung, die in den Credits nur als "The Driver", "The Mechanic" und "G.T.O" genannt werden.
Die Dialoge sind spärlich, ebenso wie die Musik - zumindest gibt es "Moonlight drive" von den Doors, "Stealin'" von Arlo Guthrie und "Me and Bobby McGee" in der Originalversion von Kris Kristofferson.
Stattdessen verlässt sich Hellman auf seine wundervollen Widescreen-Bilder und eine desillusionierende Entzauberung männlicher Obsessionen, die TWO-LANE BLACKTOP zu einem Kultfilm machen, der diesen Begriff wirklich verdient, und der so zu einem Highlight des Independent-Kinos der 70er Jahre wurde.
Wie schon bei seinen faszinierenden Kunstwestern THE SHOOTING und RIDE IN THE WHIRLWIND war auch TWO-LANE BLACKTOP mit seiner kompromisslos düsteren Vision von Amerika damals Kassengift und bekam erst viele Jahre später die Würdigung, die ihm eigentlich zustand.
Ein Schicksal, das viele Filme dieser Zeit ereilte, gerade aber die von Hellman, der von Tarantino wiederentdeckt wurde und dann Executive Producer von dessen RESERVOIR DOGS war. Nachdem der Film in den Staaten von Anchor Bay und dann noch mal in einer edleren Edition von Criterion veröffentlicht wurde, kommt man jetzt auch hierzulande in den Genuss dieses kleinen, sympathisch antiklimaktischen Meisterwerks, mit deutscher und englischer Tonspur, Trailer, Audiokommentar von Hellmann und der Dokumentation "On The Road Again: Two-Lane Blacktop Revisited".
Highly recommended!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #77 April/Mai 2008 und Thomas Kerpen