Für interessierte Laien ist dieses Buch von Ingo Elbe eher schwierig zu lesen, da es eine rein wissenschaftliche Arbeit ist. Ein Durchkämpfen lohnt sich aber. Elbe zeichnet in den ersten drei Kapiteln nach, wie es im postkolonialen Diskurs zu einer Verwässerung des Antisemitismusbegriffs und einer Relativierung des Holocausts kommt. Im vierten Kapitel geht es um die Umetikettierungen arabischer und afrikanischer Juden zu „weißen Kolonialisten“ und die Idee eines jüdischen Staates als „kolonialistisch-imperialistischer Brückenkopf des Westens“, wie sie von identitätspolitischen Ikonen wie Judith Butler betrieben werden und die interessanterweise schon von den Kommunist:innen der 1920er Jahre ähnlich formuliert wurde wie von den heutigen Islamist:innen. Ab Kapitel fünf geht Elbe auf den islamischen Schriften immanenten Antisemitismus und moderne Strömungen wie die Muslimbruderschaft ein, die auch der Hamas als ideologische Grundlage dienten. Ein ernüchternder Ist-Zustand, der klar macht, dass ein zunehmender muslimisch-religiöser Fundamentalismus sowie ein wiederkehrender antisemitischer Zeitgeist bei Teilen der Linken zu einem „globalized mainstream of antisemitism“ führen, dem durch mehr Aufklärung zu diesem Thema etwas entgegengesetzt werden muss – insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade die akademische Linke auch in Deutschland zur Verbreitung klassischer antisemitischer Klischees beiträgt und islamistischen Fundamentalismus verklärt, womit Jüd:innen und Muslim:innen wenig geholfen ist.