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ANATOMIE EINES FALLS

Auf Festivals preisgekrönten Filmen und Oscar-Gewinnern stehe ich schon länger skeptisch gegenüber, denn gerade bei europäischen Festivals scheint der vermeintliche Anspruch eines Films und seine Message mehr im Vordergrund zu stehen als sein tatsächlicher Unterhaltungswert. 2023 erhielt Justine Triets „Anatomie eines Falls“ die begehrte Auszeichung in Cannes, ging dafür aber bei der Oscar-Verleihung leer aus. Dafür wurde dort Jonathan Glazers „The Zone Of Interest“ als „Bester internationaler Film“ ausgezeichnet, in dem ebenfalls die deutsche Darstellerin Sandra Hüller mitspielt. Obwohl Hüller in den höchsten Tönen gelobt wurde, ging sie in beiden Wettbewerben leer aus. Durchaus zu Recht, wie ich finde, denn während sie in „The Zone Of Interest“ unbeholfen durch das neben dem Vernichtungslager Auschwitz gelegene idyllische Nazi-Eigenheim stolpert und die Höß-Ehefrau fast zur Karikatur werden lässt, wirkt sie in „Anatomie eines Falls“ (der inzwischen auf DVD und Blu-ray erhältlich ist) kaum glaubwürdiger. In Triets Justizdrama geht es um die Ermittlungen gegen eine deutsche Autorin (Hüller), die angeblich ihren französischen Ehemann umgebracht haben soll. Dabei kommt dem sehbehinderten Sohn des verkrachten Paares als Zeuge eine besondere Rolle zu. Der deutsche Titel erzeugt dabei ein Doppeldeutigkeit (Sturz, Fall, Kriminalfall ...), die der Originaltitel „Anatomie d’une chute“ nicht besitzt, dafür unterschlägt die deutsche Synchro auf dreiste Weise, dass im Film Englisch und Französisch gesprochen wird. Triets Film überzeugt dabei weder als packender Gerichtsfilm noch als aufwühlendes Beziehungsdrama, denn das Ganze wirkt von Anfang an sehr konstruiert und wenig lebensnah, was sowohl für die Handlung mit ihrer geradezu banalen Auflösung als auch für die vermeintlich tiefsinnigen Dialoge gilt.