2021 war „Schützenfest“, dann kreativer Prozess, bis Dirk Bernemann nun in kurzen Abständen einen Bildband, ein Hörspiel und eben diese Kurzgeschichtensammlung veröffentlichen konnte. Wer denkt, 114 Seiten, da bin ich schnell durch, wird bald eines Besseren belehrt. Denn wenige Seiten bedeuten keineswegs wenig Inhalt und schon gar nicht leichte Kost. Wie schon in früheren Werken schaut Bernemann da hin, wo die Menschen einsam sind und sich Dinge anstauen, die sich niemand wünscht. Da wird gedatet, um eine Bindung zu suchen, die vielleicht gar nicht gefunden werden will. Ein Opa stirbt, Pflanzen ersetzen Menschen und oft sind Bäckereiangestellte die einzigen Ansprechpersonen. Messer werden gezückt, Kinderwagen treffen auf U-Bahn-Gleise. Wie schon in „Ich hab die Unschuld kotzen sehen“ überschneiden sich die Storys oft irgendwo und er oder sie oder ich taucht plötzlich wieder auf, obwohl sie oder ich oder er vorhin noch eher eine Randfigur unter all den anderen Randfiguren der hier skizzierten Gesellschaft war. Ein schönes Buch mit manchmal unschönem Inhalt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #174 Juni/Juli 2024 und H.C. Roth