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ANTILOPEN GANG

Alles muss repariert werden

Ja, ja: Rap ist der Klassenfeind. HipHop und Punk in einem Atemzug: Hä?! Überhaupt: Die ANTILOPEN GANG im Ox – und dann auch noch in der „Top“-Kategorie? Ach, hör doch auf! Und doch ist genau das jetzt passiert. Ist also nichts mehr heilig und sicher vor Vereinnahmung? Doch. Keine Bange, Punk bleibt trotzdem Punk. Und das Ox ist auch weiterhin das Ox. Nur eben mit einer weiteren Band, die unsereins in der Szene auf dem Schirm haben sollte. Denn die ANTILOPEN GANG ist so viel Punk, dass sich manch:e Protagonist:in im Genre ein Scheibchen davon abschneiden könnte. Rein von der Denke, der politischen, ethischen und moralischen Gesinnung her, waren Danger Dan, Koljah und Panik Panzer ja ohnehin schon immer so wie wir. Sprich: Punk durch und durch. Dazu muss man sich nur mal Antilopen-Stücke wie „Beate Zschäpe hört U2“ anhören. Oder Danger Dans mitunter radikale Solo-Platte „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“. Oder einen Song wie „Oktober in Europa“ vom neuen Album „Alles muss repariert werden“, in dem die Band den wieder aufkeimenden Antisemitismus aufgreift. Hinzu kamen in der Vergangenheit immer wieder Verweise auf den Punk: Bei Konzerten, wenn sie plötzlich vom Sprechgesang zum Drei-Akkorde-Geschrammel von „Anti-Alles-Aktion“ wechselten. Wenn es auf Bonusplatten gemeinsam mit Bela B in die Vollen ging. Oder wenn die ANTILOPEN GANG auf der Bühne des Ruhrpott Rodeos stand. Jetzt haben Koljah, Danger Dan und Panik Panzer dieses Doppelalbum veröffentlicht, dessen erste Platte purer Rap ist, während die zweite ausschließlich Punksongs enthält. Punksongs, die richtig viel Spaß machen, weil sie all das enthalten, was die ANTILOPEN GANG seit jeher auszeichnet: Diesen schwarzen Humor. Diese Lust am Spiel mit Worten. Diesen klaren Blick auf das, was im Alltag um uns herum passiert: Absurdes, Bestürzendes, Lächerliches, Ernstes. Und eben diese Musik, die Assoziationen der großartigen Art hervorrufen: „Alles muss repariert werden“ klingt wie eine Mischung aus DIE ÄRZTE, KNOCHENFABRIK, BUZZCOCKS und Best of Schrammelpunk mit großartigen Hooks. Die maximale Lieddauer ist 2:52. Rap könnte nicht ferner sein in diesen Momenten. Und doch lauert er nur eine Doppelalben-Hülle weiter gleich nebenan nicht minder überzeugend und wartet – ein Stück weit politischer – darauf, bitteschön ebenso angehört zu werden. Was für ein Schulterschluss. Die ANTILOPEN GANG schafft mit „Alles muss repariert werden“ endlich das, was längst überfällig war: Die Verknüpfung zweier Genres und Szenen, die sich im Grunde ihres subkulturellen Ursprungs eigentlich näher sind als gedacht. Und all das hört sich auch noch verdammt gut an. Ein Meilenstein.