2010 veröffentlichte die schwedische Musikerin und Organistin Anna von Hausswolff ihr erstes Album „Singing From The Grave“, mit „Ceremony“ 2013 und dem Wechsel zum Berliner Label City Slang gelang ihr der Durchbruch, das Album bietet düstere Musik zwischen Doom, Death und Goth, ihre Konzerte zogen ein Publikum mit eben jener Vorliebe an, wobei auch von Hausswolff Präferenzen in dieser Hinsicht zeigte. Doch spätestens mit „Dead Magic“ von 2018 erwies sich, dass sie Rockmusik-affine Veröffentlichungen wohl nicht (mehr) reizen, das Album war ein avantgardistisches Orgelwerk, aufgenommen in einer Kirche in Kopenhagen, mit Annas markanter Stimme als Ergänzung. Und nun „All Thoughts Fly“, das noch einen Schritt weiter geht: nur Orgel, kein Gesang, keine anderen Instrumente. Aufgenommen auf der Replika eines Instruments des im Barock aktiven norddeutschen Orgelbaumeisters Arp Schnitger in einer Kirche in Göteborg. Für die sieben Kompositionen wiederum hat Anna von Hausswolff sich von den Monumentalskulpturen im „Sacro Bosco“ im italienischen Bomarzo inspirieren lassen. Erschaffen wurde jener „Park der Ungeheuer“ zwischen 1552 und 1585 durch Vicino Orsini, dem letzten Feudalherrn von Bomarzo, und wurde erst in den 1930ern wiederentdeckt – Salvador Dalí war einer der ersten neuen Besucher. Alte Orgel, junge Musikerin, mystischer Park – eine spannende und wilde Mischung, aus der von Hausswolff hier einen eigenen Klangkosmos schafft, der durch die exzellente Aufnahme und Produktion nicht nur als Live-Aufführung funktioniert, sondern gerade in der Konserve. Entsprechende Technik vorausgesetzt – an diesem Punkt kommt man mit Streaming und kleinen Lautsprechern nicht weit, fürchte ich ... Spannend wäre zu erfahren, ob es mit dem Post-Rock-Flirt für Anna von Hausswolff vorbei ist – wäre schade, aber genauso spannend ist sicher, wohin ihre musikalische Reise sie als Nächstes führt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #153 Dezember/Januar 2020 und Joachim Hiller
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