Im letzten Jahr gab es eine Wiederaufführung von Jean-Luc Godards Nouvelle Vague-Klassiker „Außer Atem“ von 1960 in einer in 4K restaurierten Version, die anschließend auch auf Blu-ray veröffentlicht wurde. Die amerikanische Schauspielerin Jean Seberg ist darin an der Seite von Jean-Paul Belmondo zu sehen, eine Rolle, die sie zu einer Kultfigur der Nouvelle Vague machte. Darüber hinaus hinterließ Seberg in nur wenigen Filmen wirklich nachhaltig Eindruck. Und so dürften auch die Ereignisse, die mutmaßlich zu ihrem tragischen Tod mit nur 40 Jahren im Jahr 1979 führten, wenig bekannt sein, und die wunderbares Material für Verschwörungserzählungen liefern. Denn die genauen Umstände ihres Todes, der als Selbstmord deklariert wurde, blieben bis heute ungeklärt. Obwohl neben ihrer Leiche Schlaftabletten und ein Abschiedsbrief gefunden wurden, halten sich Gerüchte, dass sie vom amerikanischen Geheimdienst ermordet wurde. Zweifel an der Selbstmord-Theorie kamen deshalb auf, weil Seberg wegen ihres Engagements für die Black-Panther-Bewegung Ende der 60er Jahre vom FBI observiert wurde und FBI-Chef J. Edgar Hoover eine regelrechte Schmutzkampagne initiierte (angeblich erwartete sie von einem Black-Panther-Aktivisten ein Kind), um die Schauspielerin systematisch zu diskreditieren und ihre Psyche zu zerstören. Als ihr Kind im August 1970 zwei Tage nach der Geburt verstarb, unternahm Seberg danach offenbar mehrere Selbstmordversuche und machte in ihren letzten Lebensjahren mehr mit Drogen- und Alkoholexzessen und Krankenhausaufenthalten als ihren Filmrollen von sich reden. Diese letzten Lebensjahre Sebergs (von Kristen Stewart überzeugend verkörpert) inspirierten Benedict Andrews zu seinem spannenden, aber recht konventionell inszenierten Biopic-Polit-Thriller, der dabei nie die Klasse eines „JFK“ erreicht.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #155 April/Mai 2021 und Thomas Kerpen