Die englische Tagline von „Srpski Film“ lautet „Not all films have a happy ending.“ und spiegelt in gewisser Weise dessen tiefschwarzen Humor wider, den nicht jeder so leicht akzeptieren wird angesichts von Themen wie Pädophilie oder Nekrophilie.
Darin geht es um den in die Jahre gekommenen Pornostar Milos, der im heutigen Serbien mit Frau und Sohn eine normale bürgerliche Existenz anstrebt, allerdings auch dem Geld nachweint, das er mit seinem früheren Job verdient hatte.
Insofern überlegt er nicht lange, als ihm eine immense Summe für eine Rolle in einem angeblichen Kunstfilm angeboten wird, wo allerdings auch seine frühere Standfestigkeit wieder gefragt ist, die inzwischen durch zu viel Alkohol und Alltagstrott gelitten hat.
Ein gewisses Unbehagen wegen des geheimnisvollen Filmprojekts, über das er nicht viel im Vorfeld erfährt, begleitet Milos von Anfang an. Schließlich muss er feststellen, dass er zum Hauptdarsteller eines Snuff-Films geworden ist, womit das Spielfilmdebüt von Srdjan Spasojevic dann in einen beindruckenden Strudel aus Drogen, Wahnsinn und Perversionen abdriftet, der auch Milos’ Familie in Mitleidenschaft zieht.
Kontroverse Filme gibt es immer wieder, etwa die beiden substanzlosen „The Human Centipede“-Machwerke des Holländers Tom Six, der sich besser darauf versteht, geschickt die Werbetrommel für seinen unterbelichteten Schrott zu rühren, als ernstzunehmende Filme zu drehen.
Jemand, dem man ansieht, dass er seine ersten Erfahrungen bei der TV-Produktionsfirma Endemol und als Regisseur von „Big Brother“ gesammelt hat. Gerade im Zusammenhang mit „The Human Centipede II“ fragt man sich allerdings, was einem das tollste Marketing und der kontroverseste Film nützt, wenn man diesen nirgendwo mehr problemlos veröffentlichen kann.
Ähnliche Probleme hat auch „Srpski Film“, der in vielen Ländern wie Australien, Großbritannien, USA und Deutschland nur geschnitten erschien, wobei in den USA inzwischen auch eine „Unrated“-Fassung kursiert, ebenso wie in Deutschland eine halblegale, aber schwer aufzutreibende Fassung des Films auf DVD und Blu-ray existiert.
Im direkten Vergleich zu dem auch aus Serbien stammenden, hierzulande bei Bildstörung erschienenen und recht dilettantischen „Leben und Tod einer Pornobande“, in dem es ebenfalls um die Produktion eines Snuff-Films geht, handelt es sich bei „Srpski Film“ trotz seiner geringen Produktionskosten um keine Billigproduktion mit lachhaftem Kunstanspruch und pseudosozialkritischen Tendenzen, sondern um einen professionell wirkenden Film mit überzeugenden Darstellern, slicker Kameraführung und atmosphärischem Soundtrack.
In der ersten Hälfte des Films passiert auch noch nicht allzu viel spektakuläres , der dann allerdings in bester transgressiver „Shock cinema“-Tradition umso härter und erbarmunsgloser zuschlägt.
Ein „Gewaltporno“ wird „Srpski Film“ dadurch aber noch lange nicht, da er mehr andeutet, als er letztendlich zeigt und wo sich vieles im Kopf des Betrachters abspielt, was für die Cleverness der Macher spricht, die mehr im Sinn hatten als die spekulativen Oberflächenreize der Vertreter des Torture-Porn-Films.
Im geistig verarmten Deutschland wird dem Film allerdings mal wieder eine strafrechtliche Relevanz nach §184b StGB beigemessen, was ihn in letzter Konsequenz auf eine Stufe mit kinderpornographischen Schriften stellen würde.
„Srpski Film“ ist sicherlich nicht der kontroverseste Film aller Zeiten, aber er bemüht sich redlich, es zu sein. Ebenso fraglich ist, ob „Srpski Film“ eine echte politische Aussage besitzt, auch wenn der Regisseur betont, dass er darin eine Metapher für den Missbrauch sieht, den die Bevölkerung in Serbien durch die Regierung erlitten hat.
„Srpski Film“ bietet viel Stoff für Diskusionen und dürfte definitiv niemanden kalt lassen – ein wilder, unbequemer Film, der unter ziemlich widrigen Umständen entstanden ist. Die momentan wohl am einfachsten zu beschaffende, aber leider etwas kostspielige DVD des Films ist die „Unrated“-Fassung von Invincible Pictures aus den Staaten, also zugreifen, bevor es der Staatsanwalt tut.
Und immer dran denken, es ist nur ein Film!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #103 August/September 2012 und Thomas Kerpen