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STEVE VON TILL

A Deep Voiceless Wilderness / Harvestman – 23 Untitled Poems

Im letzten Jahr hat NEUROSIS-Frontmann Steve Von Till sein Soloalbum „No Wilderness Deep Enough“ veröffentlicht. Nicht sein erstes, aber dennoch eine Überraschung, denn Von Till verzichtete dabei auf den Einsatz von Gitarren, stattdessen gab es bei den sieben Stücken von Synthesizern und subtiler Neo-Klassik-Instrumentierung getragene, elegische wie meditative Dark-Ambient-Soundscapes, was möglicherweise manchem NEUROSIS-Fan etwas zu weit ging. Dennoch war „No Wilderness Deep Enough“ eine konsequente und gelungene Weiterführung dessen, was dieser „Gothic Johnny Cash“ bereits mit seinen songwriterisch noch stärker an Roots-Musik beziehungsweise Americana orientierten vorherigen Soloplatten auf kunstvolle Art umgesetzt hatte. Aktuell erschienen gleich zwei weitere Von Till-Solowerke, aber andererseits auch nicht so richtig. Denn bei „A Deep Voiceless Wilderness“ handelt es sich um die Instrumentalversion von „No Wilderness Deep Enough“ (das leicht veränderte Cover liefert dafür erste Hinweise), und so hatte Von Till das Album wohl auch ursprünglich konzipiert. Eine Von Till-Platte ohne Von Till-Gesang? Doch, das geht und unterstreicht auch noch mal die kompositorische Klasse von „No Wilderness Deep Enough“, dessen Neoklassik- und Ambient-Elemente in dieser instrumentalen Form noch wesentlich besser zur Geltung kommen. Den Gesang bekommt man dann quasi bei der EP „Harvestman – 23 Untitled Poems“ nachgeliefert, für die Von Till die 23 Gedichte seines gleichnamigen Buches eingesprochen hat, in dem auch seine anderen Songtexte enthalten sind, unterlegt von dezenten Drone/Noise-Klängen. Während das Fehlen von Von Tills Gesang bei „A Deep Voiceless Wilderness“ die Songs als solche nicht weiter beschädigt, zeigt „Harvestman – 23 Untitled Poems“, welche Magie dessen Stimme besitzt, die auch ohne besondere musikalische Begleitung eine erstaunliche Sogwirkung erzeugt. Insofern ist es fast bedauerlich, dass diese hypnotische Gedichtlesung nach nur 18 Minuten schon wieder vorbei ist.