Das Urteil lautete "1 1/2 Jahre Zuchthaus". Die Angeklagte war Jana Schlosser. Und ihr Verbrechen? Sängerin in einer Punkband gewesen zu sein - folglich systemkritisch und unangepasst - und das galt nach DDR-Gesetz als Straftat: "staatsfeindliche Hetze" oder "Agententätigkeit" ...
Man kann nicht von einer Ost-Punkband erzählen, ohne auch die Stasi zu erwähnen, und bei dieser Band war sogar der Name staatlich verordnet: NAMENLOS, manchen vielleicht bekannt aus dem Film "OstPunk.
Too Much Future". Gegründet Anfang 1983, legte die Band besonderen Wert auf ihre Texte, und das in dem klaren Bewusstsein, dass Songs wie "MfS", "Amok", "Hass" oder "Ich will nicht" für die Staatsführung eine Provokation waren, und - so absurd das auch klingen mag - Verhaftung und Knast vorprogrammiert.
"Niemals hätte ich mir an diesem finsteren Ort träumen lassen, daß jemals jemand eine Scheibe von NAMENLOS auf seinen Plattenteller legen kann", schreibt Jana im Winter 2007, denn jetzt gibt es sie doch: eben diese Platte.
23 Songs von NAMENLOS, damals aufgenommen in verschiedener Besetzung im Proberaum sowie auf einer Polentour 1988. Dazu ein Booklet mit ausführlicher Band-Biografie, zugleich auch eine Geschichte der DDR-Punkbewegung, sowie alle Texten und zahlreiche Fotos.
Und erstaunlicherweise sehen die Ost-Punks darauf aus wie alle Punks zu allen Zeiten. Auch der Sound klingt vertraut und auch nicht exotischer als so mancher westdeutsche 80er-Deutschpunk auch.
Natürlich ist das hier mehr Zeitdokument, denn Unterhaltungsmusik. Aber hier geht es ja nicht um Pop, sondern um Punkrock. Und ist der authentisch, dann macht er auch Spaß. (8)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #83 April/Mai 2009 und Ute Borchardt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #75 Dezember 2007/Januar 2008 und Ute Borchardt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #118 Februar/März 2015 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #83 April/Mai 2009 und Gary Flanell