ZEKE aus Seattle haben mit ihrem im Frühjahr erschienenen dritten Album "Flat tracker" erneut bewiesen, dass sie derzeit die neben HOOKERS, CELLOPHANE SUCKERS, GLUECIFER und NASHVILLE PUSSY arschtretendste PunkROCKband sind. Ich sprach mit Sänger und Gitarrist Blind Marky Felchtone.
Wie geht´s?
Mann, mir dröhnt vielleicht der Schädel. Ich habe letzte Nacht wohl ein bisschen zuviel Paulaner erwischt.
Wie, du trinkst Weizenbier?
Ja klar, das ist mein Lieblingsbier. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie viele Pullen ich gestern geleert habe - irgend wann verlor ich den Überblick... Ich habe mit den Jungs von D.O.A. gesoffen, und die vertragen noch ´ne Runde mehr als ich. Wir sind gerade auf einer sechswöchigen US-Tour mit denen, und gestern hatten wir einen Off-Day in Washington D.C. Der kam mir allerdings gerade recht, denn meine Stimme war gestern völlig im Arsch.
Und, ist das eure erste US-Tour?
Nee, schon die zweite. Beim ersten Mal waren wir mit NASHVILLE PUSSY unterwegs, das war eine verdammt gute Kombination. Wären FU MANCHU noch dabeigewesen, wäre es absolut perfekt gewesen. - Scheisse, sind die Bienen hier gross!!! Moment mal eben, ich muss die Viecher verjagen! - So, hier bin ich wieder.
Dann lass uns jetzt mal die Basics abchecken - und vor allem, wie man euren Namen korrekt ausspricht. ZEKE wie "Sieki" oder wie "Sieg" in, äh, in "Sieg heil!"
Äh, öhm, äh, ja, letzteres, äh, wow!
Und die History so far?
Wir haben die Band vor rund vier Jahren gegründet, wir, das waren Donny Paycheck, Dizzy Lee Roth und ich. Wir kannten uns auch vorher schon seit zig Jahren, haben gemeinsam Musik gehört und gesoffen. Dizzy ist mittlerweile nicht mehr dabei, für ihn kam später Mark Pierce, und mit Abe Zanuel Riggs holten wir noch einen zweiten Gitarristen in die Band - soviel zum Line-Up. Eines Tages hatten wir drei jedenfalls die Idee, zusammen Musik zu machen und ein paar Freunde liessen uns in ihrem Proberaum auf ihren Instrumenten rumklimpern. Irgendwie klappte das ganz gut, und so beschlossen wir eine Band zu gründen. Das war eine ganz allmähliche Weiterentwicklung, das ergab sich halt so. Wir spielten dann unser erstes Konzert, auf dem auch der Typ von Wrecking Ball Records war. Er war so begeistert, dass er gleich eine Single machen wollte, und ab dem Zeitpunkt sahen wir uns dann als richtige Band. Bald nach Erscheinen der Single sprachen uns die Leute von IFA Records an und wir nahmen das "Super Sound Racing"-Album auf. Unser zweites Album "Flat tracker" erschien dann auf Scooch Pooch, die später auch "Super Sound Racing wiederveröffentlichten. Jim von Scooch Pooch zog sich für unseren Geschmack allerdings etwas zuviel Koks rein, und deshalb nahmen wir das Angebot von Epitaph an, unser drittes Album "Kicked in the teeth" zu veröffentlichen.
Wie, Jim Ransweiler ist so ein heftiger Kokser? Als ich ihn neulich interviewte machte er einen ganz netten Eindruck.
Er ist auch ein netter Kerl, aber zu der Zeit, als unsere neue Platte anstand, hatte er mal eben 10.000 Dollar für Blow rausgehauen und meinte zu uns "Dudes, I would like to put out your new record, but I don´t have any money." Ich meinte nur "Ja ja, ist ja gut", und dann riefen uns die Leute von Epitaph an und wir machten den Deal klar. Und was soll ich sagen, die sind cool, die lassen uns alles machen, was wir wollen, tun ihrerseits genau das, was wir erwarten. Die sind Punkrock, die sind cool, die kümmern sich um uns.
Und, fühlt ihr euch bei Epitaph musikalisch zuhause? Ich meine, bis vor drei Jahren oder so hatte das Label ja keinen sonderlich gute Ruf, weil musikalisch ziemlich eingleisig und weichgespült. In den letzten Jahren allerdings haben sie aber eine ganze Menge cooler Punkrockbands gesignt.
Naja, diese alten Bands haben sie ja immer noch, und angesichts von diesem Programm war ich auch überhaupt nicht daran interessiert, auf Epitaph zu sein, als Bill Stevenson uns seinerzeit anrief und meinte, Epitaph seien an uns interessiert. Die haben uns dann nach L.A. eingeladen, wir tranken ein paar Bier zusammen, unterhielten uns und ich fand die alle ganz in Ordnung. Sie meinten, wir sollten uns nicht drum kümmern, wer sonst noch auf dem Label ist. Sie hätten total Bock auf uns, würden uns genug Geld fürs Studio geben, uns beim Artwork nicht dreinreden und uns einfach machen lasen. Der Deal war also cool, die Leute auch - es gab keinen Grund, das Angebot auszuschlagen.
Ihr hattet bisher bei jeder Platte einen anderen Produzenten. Beim Debüt waren es Bill Stevenson und Stephen Egerton, bei "Flat tracker" Conrad Uno, und für "Kicked in the teeth" habt ihr euch Jack Endino ausgesucht. Wieso jedesmal jemand anderes?
Ganz einfach: ich habe bisher noch keinen Produzenten gefunden, mit dem ich zufrieden bin. Ich meine, hör´ dir die "Super sound racing" an und es ist offensichtlich, dass das nur ganz ansatzweise so klingt wie unsere Liveshows. Conrad Uno hat dann etwas besser gearbeitet als Bill und Stephen, aber der Kerl ist halt ein Hippie - and I just don´t get along with hippies. Die Arbeit von Jack Endino am neuen Album ist zwar ganz o.k., aber für meinen Geschmack etwas unscharf. Ich bin mir also nicht sicher, ob wir mit ihm nochmal arbeiten werden. Immerhin ist er halbwegs cool.
Ihr kommt aus Seattle - eine aufregende Stadt?
Naja, das würde ich nicht unbedingt behaupten. Ich wohne direkt in Seattle, die anderen drei in den Vororten, und wir haben kein besonderes Verhältnis zu dieser Stadt - schon deshalb nicht, weil jahrelang kein Schwein zu unserer Show kam. Jetzt ist dieses Grunge-Ding endlich völlig tot, und mittlerweile sind unsere Shows in Seattle fast immer ausverkauft. Es gibt auch ein paar coole Bands in der Stadt, zum Beispiel STEELWOOL oder die MURDER CITY DEVILS. Aber ich bin kein Hipster, ich gehe nicht viel aus, ich bin nicht Teil der "Szene", also kann ich dir über die "Szene" nicht viel erzählen.
Tja, damit hat sich meine nächste Frage beinahe erledigt. Ich wollte nämlich wissen, was ihr so für einen Background habt, mit was für Leuten ihr rumhängt.
Mit gar niemandem. Ich sitze zuhause, glotze TV, lese viel und höre meine Platten. Manchmal fahre ich mit meinem Motorrad rum, aber Seattle ist einfach langweilig: I like to drink beer and watch TV.
Wenn wir schon beim Thema Platten sind: Ist da auch MOTÖRHEAD dabei?
Absolut! Obwohl, ich muss mir die MOTÖRHEAD-Platten nicht mehr anhören, weil ich schon längst alle Songs auswendig kenne. Jeder einzelne Song hat sich mir unauslöschlich ins Hirn gebrannt. Was ich so höre? Die COWS sind gut, STEELWOOL natürlich, die ich für absolute Genies und eine der besten Bands dieses Planeten halte. Die FUMES sind ebenfalls cool, und auch die HOOKERS. Die habe ich seinerzeit Ransweiler ans Herz gelegt, und immerhin, er hat auf mich gehört.
Dass du auf MOTÖRHEAD stehst ist gerade auch beim neuen Album kaum zu überhören.
Schön - so im Nachhinein finde ich es auch hart, wie deutlich man das raushört, denn wenn ich die Songs schreibe, fällt mir das gar nicht so auf.
Bei "Super sound racing" hattet ihr ein Hotrod auf dem Cover, bei "Flat tracker" ein Motorrad, und auch sonst dominierte bei euren frühen Sachen thematisch und vom Design her dieses Car-Racing/Motorbike-Dingens, selbst bei eurem Bandlogo mit den beiden schwarz-weissen Karoflaggen. Beim neuen Album habt ihr ein andere Logo, und auch sonst fehlen entsprechende Hinweise.
Stimmt schon, aber andererseits drehen sich die meisten Texte um andere Sachen. Das Grundthema der ersten beiden Alben ist diese Entfremdungssache, der Alltagstrott, Drogen und Trinken - dieser "Growing up in America"-Bullshit. Aber ich gebe zu, als wir das erste Album aufnahmen, stand ich total auf getunete Autos, das hat sich da also schon niedergeschlagen. Und beim zweiten Album waren wir alle von Motorradrennen besessen, weshalb sich im Artwork und den Texten entsprechende Sachen finden. Davon abgesehen wehre ich mich aber dagegen als "Hotrod Punks" bezeichnet zu werden. Die Presse macht da manchmal einfach mehr draus als dahintersteckt - aber das kann ich den Leuten gar nicht verdenken, denn die Cover der ersten beiden Scheiben haben das ja geradezu herausgefordert. Und wenn ich eine Band nicht persönlich kenne, hätte ich wohl den gleichen Schluss gezogen. Abgesehen davon werden solche Trends schnell langweilig - schau dir diese ganze "Gearhead"-Sache an...
Trotzdem: was hattest du damals für ein Auto?
Ich fuhr ´nen ´65er Galaxy 500. Ich bastelte ziemlich viel dran herum, aber so ´ne Karre frisst ohne Ende Kohle, wenn du die in perfektem Zustand halten willst, und so habe ich sie irgendwann verkauft. Jetzt habe ich ein Motorrad, das ist sowas wie ein "Pocket-Hotrod": du kriegst die gleiche ungestüme Kraft, nur ist es bezahlbar und macht ausserdem noch mehr Spass. Derzeit habe ich eine gebrauchte 500er-Rennmaschine, die eigentlich gar nicht für die Strasse zugelassen ist, aber was soll´s. Ich habe natürlich ´ne Beleuchtungsanlage und Blinker drangebaut, aber ein Bulle muss sich schon sehr gut mit Motorräderna uskennen, um zu erkennen, dass man mit so einem Vergaser und dieser Auspuffanlage eigentlich keine Strassenzulassung bekommt. Aber zum Glück sind unsere Bullen so bescheuert, dass die das eh nie schnallen.
Punkrock - Rock´n´roll: Für dich ein- und dieselbe Sache oder ein Gegensatz?
Früher habe ich immer gesagt, wir seien nur eine Rock´n´roll-Band - und das stimmt ja auch. Andererseits weist unsere Musik aber auch Punkrock-Elemente auf und sogar Parts, die beinahe Hardcore sind. ich habe also kein Problem damit, wenn wir als Punkrocker bezeichnet werden, denn Punkrock ist die einzig brauchbare Rock´n´roll-Variante, die in den letzten 20 Jahren entstanden ist.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #32 III 1998 und Joachim Hiller