XMAL DEUTSCHLAND & DAF

Foto© by Wolfgang Wiggers

Am 04.06.1981 im Aladin, Bremen

Es ist ein kühler nieseliger Donnerstagabend, an dem XMAL DEUTSCHLAND und DAF im Bremer Aladin spielen. Schnell füllt sich der Saal mit überwiegend schwarz gekleideten Menschen.
Zuerst XMAL DEUTSCHLAND. Als reine Frauenband 1980 in Hamburg gegründet, haben die Musikerinnen jetzt einen männlichen Bassisten mit auf die Bühne geholt. Hauptsächlich Gothics bekommen noch heute leuchtende Ohren, wenn von dieser Band die Rede ist. Besonders ihre Werke „Fetisch“ (1983) und „Tocsin“ (1984) gelten als Meisterwerke des dunklen Genres. Aber jetzt ist es erst 1981, gerade haben sie ihre erste Single „Schwarze Welt“ veröffentlicht und so sind sie den meisten wohl noch unbekannt.
Die Bühne ist dunkel, nur ein Spot ist auf Sängerin Anja Huwe gerichtet, deren wild toupierte weißblonde Haare im Scheinwerferlicht strahlen. Nur selten verlässt sie ihren Platz am Mikrofon für ein paar angedeutete Tanzschritte. Stattdessen unterstreicht sie mit Gesten ihren Gesang, während die Band mit Gitarre, Synthie, Bass und Schlagzeug einen rohen brachialen Sound produziert. Mit zwei Stücken ihrer Single beginnen sie ihr Set. Vieles erinnert an JOY DIVISION und vor allem Siouxsie Sioux, was sicherlich nicht die schlechtesten Einflüsse sind. Man spürt, dass man von dieser Band in Zukunft noch einiges hören wird, doch in welche Richtung sie sich entwickeln wird, bleibt noch unklar. Wie so oft ist das Bremer Publikum eher hanseatisch zurückhaltend. Man spart sich wohl die Energie für DAF auf, die nach einer kurzen Pause die Bühne übernehmen.
In der Mitte ein Schlagzeug, links ein kleiner Tisch mit einem Tapedeck. Dahinter steht Tina Schnekenberger, die die Aufgabe hat, die vorher aufgenommenen Synthie-Sequenzen möglichst ohne Bandsalat und in geplanter Reihenfolge abzuspielen. Ein mächtig treibender Synthie-Sound mit dröhnenden Bässen lässt den Saal vibrieren. Dann setzt Robert Görl mit dem Schlagzeug ein. Nur wenige präzise Schläge reichen, um das Publikum in Bewegung zu bringen. Die „Macht der Wiederholung“, eigentlich nichts Neues in der Musikgeschichte, wird hier geradezu genial angewandt.
Plötzlich ist dann auch Gabi Delgado auf der Bühne und sprintet von einem Ende zum anderen. „Sato-Sato“ ist das erste Stück. Kaum jemand kann sich dem hypnotischen Rhythmus entziehen. „Habt keine Angst. Schwitzt, meine Kinder. Kämpft um die Sonne“, befiehlt er seinem Publikum. Und ja, sie schwitzen und kämpfen. Nach nur wenigen Minuten ist vor der Bühne nur noch ein einziges hüpfendes Menschenknäuel zu sehen. Auch Gabi kommt schnell ins Schwitzen, wirft sein schwarzes Oberhemd fort und tobt im weißen Muskelshirt über die Bühne. Immer wieder hin und her, wobei er mit dem Mikrofonkabel durch die Luft peitscht. Mit „Alle gegen Alle“ wird die Menge weiter aufgeputscht: „Links den roten Blitz. Rechts den schwarzen Stern. Unser Tanz ist so wild“. Niemand kann noch ruhig stehen.
Zwei Wochen später, in der Düsseldorfer Philipshalle, wird die Bühne vom tanzenden Publikum gestürmt werden, bis sie fast zusammenbricht. Wer dort dabei war, erzählt noch heute davon. Nach dem Konzert drängen sich beide Bands hinter einer Stellwand am Bühnenrand, denn einen Backstageraum gab es damals wohl noch nicht. Jetzt hätte ich die besten Fotos des Abends machen können. Hätte ... nur ist mein Film voll und für einen Wechsel reicht die Zeit nicht.