WOLVES LIKE US

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Songs direkt aus dem Übungsraum

Der Begriff Supergroup ist eigentlich total überstrapaziert, aber bei WOLVES LIKE US trifft er zu wie Faust aufs Auge. Die Jungs aus Oslo waren bei INFIDELS FOREVER, JR EWING oder AMULET aktiv, bevor sie gemeinsame Sache machten. Im März 2010 hatten sie ihre erste Bandprobe, in ein paar Monaten feiern WOLVES LIKE US also zehnjähriges Bandjubiläum. Jetzt ist ihr drittes Studioalbum „Brittle Bones“ erschienen und zwar fünf lange Jahre nach dem Vorgänger „Black Soul Choir“. Fünf Jahre, in denen einiges passiert ist, wie uns Bassist Torgeir Kjeldaas erklärt.

Warum hat das so lange gedauert mit eurem dritten Album?


Wir hatten nur ein paar kurze Auszeiten, weil alle in der Band Nachwuchs bekommen haben. Als wir unser Debütalbum aufgenommen haben, wurde die Tochter von Lars geboren. Damals war er der Erste in der Band. Aber als unser zweites Album „Black Soul Choir“ entstand, kam mein erstes Kind auf die Welt und Lars bekam sein zweites. Ein paar Monate später bekam unser Schlagzeuger Jonas seine Tochter. Wir haben zehn Songs für „Brittle Bones“ und acht Babys gemacht, haha. Wir hatten also nie eine echte Bandpause, sondern mussten uns immer wieder um unsere Familien kümmern. Wir haben jedes Jahr Konzerte gespielt und kontinuierlich geprobt. Die längste Unterbrechung war etwa sechs Monate.

Sind die Songs fürs neue Album verteilt über die letzten fünf Jahre entstanden?

Im Sommer 2015 haben wir angefangen, Demos mit ein paar Ideen aufzunehmen. Espen, Lars und ich sind in meine Hütte direkt am Meer nahe Oslo gefahren und hatten viel Spaß mit akustischen Gitarren. Zu dieser Zeit haben wir nicht alle in derselben Stadt gewohnt. Jonas war mit seiner Familie an der Westküste, deshalb mussten wir uns in ein Flugzeug setzen, um zu ihm zu kommen. 2016 haben wir dann an den letzten Ideen gefeilt. Im Sommer 2017 haben wir im Rahmen einer kleinen Tour in Polen die ersten neuen Songs live gespielt und im Herbst haben mit den Aufnahmen angefangen. Das hat sich alles hingezogen, bis die Vocals im Sommer 2018 aufgenommen wurden, und im Herbst war alles fertig. Dann mussten wir eine ganze Weile auf den Mix von Scott Evans warten. Er ist ein sehr beschäftigter Mann, deshalb war seine Arbeit erst im Januar 2019 beendet. Für unser letztes Album „Black Soul Choir“ hatten wir sehr wenig Zeit im Studio und waren sehr frustriert. Wir konnten nicht so intensiv mit den Songs arbeiten, wie wir wollten. Deshalb wollten wir uns jetzt einfach alle Zeit nehmen, die wir brauchen. Ich denke, das war die richtige Entscheidung.

Wenn du den Sound von „Brittle Bones“ mit „Black Soul Choir“ vergleichst, wo ist da der Unterschied?

„Brittle Bones“ klingt einfach mehr nach Rockband. Ein ganz ehrlicher Sound. Songs, die direkt aus dem Übungsraum kommen. „Black Soul Choir“ ist zwar auch ein gutes Album, aber ein bisschen zu glattgebügelt. Es hörte sich am Ende viel größer an, als wir das wollten. Das war unser erstes Album mit einem Produzenten. Mike Hartung hatte gute Ideen, so hätten wir das selbst aber wahrscheinlich nie gemacht. Mit „Brittle Bones“ wollten wir deshalb bewusst einen Schritt zurück machen und in Richtung unseres ersten Albums „Late Love“ gehen. Das hatte einen viel punkigeren Sound und wir haben alles selbst gemacht. Wir hatten nur einen Studiotechniker, der uns bei den Aufnahmen geholfen hat. Das neue Album sollte wieder einfacher werden als „Black Soul Choir“ und wir haben die Arbeit im Studio auch mehr genossen. Es war viel relaxter und das Ergebnis hört sich viel mehr nach WOLVES LIKE US an.

Wofür steht der Albumtitel „Brittle Bones“? Gibt es so etwas wie einen inhaltlichen roten Faden?

In den Texten von Lars geht es vor allem um Probleme im echten Leben. Er singt über Dinge in seinem eigenen Alltag, das sind meistens sehr private Geschichten. Es geht also vor allem um den täglichen Kampf. „Brittle Bones“ ist ein Seitenhieb auf uns selbst, weil wir immer älter werden. Wenn du in die Jahre kommst, bekommst du brüchige Knochen. Sie brechen einfach leichter. Haha. Wir nehmen uns damit also selbst auf den Arm. Wir sind immer noch da, obwohl unsere Knochen morsch werden.

Der dritte Song heißt zum Beispiel „Property of Dortmund“. Der hat eine ganz eigene Geschichte, oder?

So ist es. Da geht es um die Tour, die wir 2016 mit MARATHONMANN gespielt haben. Lars wurde damals sehr krank, also haben wir ihn ins Krankenhaus gebracht, als wir nach Dortmund kamen. Sie haben ihn dann gleich auf die Intensivstation verfrachtet, weil sie vermuteten, er hätte Herzprobleme. Deshalb mussten wir alle restlichen Termine absagen. Nur eine Begleitperson durfte ihn besuchen und irgendwann mussten wir dann ohne ihn zurück nach Oslo fliegen. Zum gleichen Zeitpunkt lag nämlich meine zweijährige Tochter im Krankenhaus. Es war also eine sehr schwierige Situation. Inzwischen sind beide zum Glück wieder wohlauf. Der Song reflektiert seine Gefühle, als wir ihn in Dortmund zurücklassen mussten. Erst nach einer Woche durfte er zurück nach Norwegen, nachdem es noch ein riesiges Kuddelmuddel mit der Krankenkasse gegeben hatte. Weil sie Angst vor einer Thrombose hatten, wollten sie ihn nicht fliegen lassen. Deshalb ist er mit dem Zug nach Flensburg gefahren, wo unser Mischer lebt. Der hat ihn dann mit dem Auto nach Kiel gefahren und dort hat er dann die Fähre nach Oslo genommen. Als er gerade ein paar Stunden zu Hause war, kam er dort in ein Krankenhaus. Dort haben sie herausgefunden, dass er in Deutschland völlig falsch behandelt worden war. „Property of Dortmund“ stand damals auf seinem Nachthemd und der Bettwäsche in der Klinik.

Wie viel von euren vorherigen Bands INFIDELS FOREVER, JR EWING oder auch AMULET steckt im Sound von „Brittle Bones“?

Jonas hat auf dem ersten Album von JR EWING getrommelt, während er gleichzeitig bei AMULET spielte. Irgendwann musste er sich zwischen den beiden Bands entscheiden, weil beide immer mehr Aufmerksamkeit bekamen. Deshalb hat er sich auf AMULET konzentriert. Ich denke, „Brittle Bones“ trägt eine Mischung aus allen Bands in sich. Die Hälfte des ersten WOLVES LIKE US-Albums besteht aus alten INFIDELS FOREVER-Songs. Durch Jonas sind diese Songs viel heavier geworden. Wir haben die Stücke also noch für unsere alte Band geschrieben, durch das Schlagzeugspiel haben sie sich aber völlig verändert. Die Songs klingen jetzt ganz anders als früher.

Sind eure alten Bands endgültig Geschichte?

Ich glaube nicht, dass wir die noch einmal neu starten werden, aber haben darüber gesprochen, einzelne Konzerte zum Spaß zu spielen. Erst kürzlich hat der frühere AMULET-Sänger, Torgny Amdam, die Release-Party für sein Solo-Album gefeiert. Dabei sind die Jungs von AMULET zum ersten Mal seit zwölf Jahren wieder zusammengekommen und haben drei Songs gespielt. Aber soweit ich weiß war das eine einmalige Angelegenheit und nicht der Beginn einer Reunion-Tour. Erst kürzlich wurden wir gebeten, bei einem fünfzigsten Geburtstag ein paar alte INFIDELS-Songs zu spielen, weil das Geburtstagskind so ein großer Fan von uns ist. Wir haben darüber gesprochen, aber unser Drummer war nicht in der Stadt, deshalb hat es nicht geklappt. Wenn er da gewesen wäre, hätten wir es wahrscheinlich gemacht. Wäre bestimmt ein großer Spaß gewesen.

In letzter Zeit sind ja einige bekannte Bands aus Skandinavien nach vielen Jahren zurückgekommen, wie GLUECIFER oder auch HELLACOPTERS.

Von diesen Bands hat man schon seit mindestens zehn Jahren nichts mehr gehört. Ich war vor allem vom Comeback von GLUECIFER sehr überrascht. Auch TURBONEGRO sind nach vier oder fünf Jahren Pause zurückgekommen, das hatte ich auch nicht erwartet. Ein großer Spaß für alle.

Wie würdest du den Einfluss eures Produzenten Scott Evans auf „Brittle Bones“ beschreiben? Außerdem hat euch ja KVELERTAK-Gitarrist Bjarte bei den Demos unterstützt.

Bjarte war vor allem Lars bei den Gesangslinien behilflich. Das war etwa ein halbes Jahr, bevor die Studioaufnahmen begonnen haben. Er ist ein guter Kumpel von uns und wir waren ja auch schon mit KVELERTAK unterwegs. Er kennt also unsere Musik und was wir mögen. Seine Ideen haben uns sehr geholfen. Scott ist jemand, den wir schon lange bewundern. Wir sind große Fans von seinen Bands und lieben den Sound, den er im Studio produziert. Lars und ich sind vor drei Jahren extra nach Schweden gereist, um ihn bei einer seiner Shows mit KOWLOON WALLED CITY zu treffen. Er war gleich interessiert und mit dem Ergebnis der Zusammenarbeit sind wir sehr zufrieden. Er hat sich sehr bemüht, dass die Platte gut klingt.